Chronik der Jahre 1801 – 1900 Teil 2

Chronik der Jahre 1801 – 1900

zu Teil 1
Transporte in die Krankenhäuser, Lazarette und Gefängnisse

Für die Transporte der Kranken in die Spitäler, erkrankter Soldaten in die Lazarette oder Arrestanten in die Gefängnisse gab es vor 100 Jahren weder einsatzbereite DRK- noch Gendarmeriefahrzeuge. Die Überführungen geschahen durch requirierte Pferdewagen, oder auch mal Kutschen; es waren die sogenannten Vorspannleistungen.

Bei den mit dem Gesetz in Konflikt gekommenen Personen wurde unterschieden zwischen Verurteilten und Vaganten (Landstreicher). Für den Vagant war in der Bezahlung der Transportkosten ein anderer Staatsfond zuständig als für die Verurteilten. Eine Wagenfahrt mit 2 Pferden nach Landau kostete 6.17 Gulden, eine Reise nach Kandel mit 1 Pferd 1.30 Gulden.

Vermählungsspende der Gemeinde

Anlässlich der Vermählung seiner königlichen Hoheit des Kronprinzen Maximilian hat die Gemeinde als Geschenk 5 Gulden gestiftet. Diese Spende ist vom Königshaus nicht kassiert worden, sondern wieder in die Gemeindekasse zurückgeflossen. Gleichwohl hat das Bayerische Königshaus die Spende als Beweis von Liebe und Anhänglichkeit mit lebhaftem Wohlgefallen gewürdigt. Man darf mit Recht glauben, dass die zurück gewanderten 5 Gulden bei einigen Ortsarmen einen weit edleren Zweck erfüllen konnten, ganz abgesehen davon, dass seine Majestät auch ohne die Berger Geldspende den Hochzeitsaufwand zu finanzieren in der Lage gewesen war.

Straßenbau zum Friedhof

Im Mai-Juni 1842 ist die Ludwigstraße von der Hausecke Jakobberger (Anwesen Drei König) bis zum Friedhof instand gesetzt worden. Kostenaufwand 813.22 Gulden. Vom Ortskern her war dies damals der einzige Zuweg zum Friedhof, Eine Lukas- oder Kettelerstraße gab es noch nicht. Offenbar wollte man von der Hirschgasse ab die 350 Meter lange Strecke in Ordnung bringen und den Leichenzügen in gebührender Weise Rechnung tragen.

Der Tierarzt aus Germersheim

„Thierarzt Märdian aus Germersheim bat am 30.11.1844 über das Landkommissariat das Anerbieten gemacht, nicht allein die Besichtigung der Gemeindefasel und deren Behandlung in Krankheitsfällen, sondern auch alle anderen thierärztlichen Funktionen und Legalfälle z.B. Viehseuchen zu übernehmen, sowie das kranke Vieh der armen Ortseinwohner unentgeltlich zu behandeln, wenn ihm aus der Gemeindekasse nach Verhältnis der verfügbaren Mittel und der Zahl der Viehbesitzer eine angemessene jährliche Remuneration (Vergütung) bewilligt werde“. Unter Vergütung als Pauschale verstand das Landkommissariat eine Belastung von 8-12 Gulden pro Jahr und Viehhalter.

Fischereistreit um die Altlautermündung

Die Angelsportler sind im allgemeinen ein friedliches Völkchen. Sie wollen Freiheit, Vergnügen und Recht, wenn es gilt auch ernst genommen werden. Gerade darin liegt es begründet, dass es unter ihnen innerhalb und außerhalb der Gemeindegrenzen auch mal zu kleinen Fehden kommt, wie zum Beispiel diesjahr (1976), als sich die Berger und Neuburger Petrileute in punkto Reinhaltung der Fischgewässer gegenseitig ein bißchen die Wahrheit geschrieben haben. Schlimmer noch steht es, wenns um die eigentlichen Fischereirechte geht. Einen solch ernsten Streitfall zwischen den Berger und Neuburger Fischern gab es im Jahre 1844 wegen des Fischereirechts in dem Teil der alten Lauter kurz vor ihrer Einmündung in den Rhein. Die Berger waren damals Pächter der alten Lauter, die Neuburger die des Rheins.

Das Urteil des Zuchtpolizeigerichts Landau war eine halbheitliche Entscheidung, vielleicht auch salomonisch; es hat die Streitsache auf den administrativen Weg verwiesen, da sich die Prozessgegner nicht einig waren, wo die Grenze der alten Lauter endet und die des Rheins beginnt. Heute zählt das strittige Teilgebiet der alten Lauter als Eigentum des Landes.

Forststrafen 1844/45

Eine ausgesprochene Lieblingsbeschäftigung scheint in den Jahren um 1840 der Waldfrevel gewesen zu sein, an dem alle Bienwaldgemeinden mit von der Partie waren, Im Jahr 1845 fielen nämlich durch verhängte Forststrafen im Kreis Germersheim 9260 Gulden an. Das war eine unerhört hohe Summe, wenn man die Kaufkraft aus jener Zeit in Rechnung stellt. Aus dem angefallenen Strafbetrag darf gefolgert werden, dass es massenweise Frevelfälle und hohe Einzelstrafen gewesen waren, Von dem an alle Kreisgemeinden verteilten Strafaufkommen erhielten Berg 270 Gulden, Hagenbach und Scheibenhardt je 380 und Neuburg 350 Gulden.

Die Verzinsungskassen

Mit dem 1.1.1844 wurde im Kreis Germersheim eine öffentliche Einrichtung, die sogenannte Verzinsungskasse, geschaffen. War sie der Vorläufer der späteren Sparkassen? Jede Gemeinde war gehalten, alle für den laufenden Haushalt nicht benötigten Gulden bei der Verzinsungskasse anzulegen. Zu dieser neuen Einrichtung, so appellierte das Landkommissariat mit Umlaufschreiben vom 20.12.1843, könnten die Gemeinden und die anderen öffentlichen Körperschaften ihren Dank und ihre Einsicht nicht besser beweisen, als wenn sie zu jeder Zeit die entbehrlichen Gelder ihrer Kassen in die Verzinsungskassen „einschließen“. Die Geldversendung dorthin, so heißt es, geschehe auf eigene Gefahr des Versenders. Nach dem Stand des II. Quartals 1844 hatte die Verzinsungskasse Germersheim eine Gesamteinlage von 16.889 und Ausleihungen von 16.300 Gulden, Gemessen an den gegenwärtigen Bilanzen unserer Kreis- und Stadtsparkasse Kandel waren jene Beträge mehr oder weniger nur ein gut dotiertes Guthaben mancher Sparer unserer Tage.

Die Trüffeljagd

Eine besondere Art von Verpachtung beinhaltet das Verpachtungsprotokoll vom 25. Januar 1845. Es ging um die erstmalige Verpachtung der Trüffeljagd im Gemeindewald Berg, Schlag Lohbusch und Klebersbusch. Die Trüffeljagd war ein Pilzsuchen mit Hunden, wie es unsere Generation nur vom Hörensagen her kennt. Die Bedingungen der sich auf 9 Jahre erstreckenden Verpachtung lauteten u.a.: 1. Das Trüffelsuchen ist nur nach Sonnenaufgang und vor dem Sonnenuntergang gestattet. 2. Der Pächter darf sich nur der Hunde bedienen, um die Trüffel aufzusuchen; die Stufen, wo die Trüffel herausgenommen werden, müssen wieder geebnet werden. 8. Die Trüffel dürfen nur an solchen Stellen aufgesucht werden, wo es ohne Nachteil des Holzbestandes geschehen kann.

Der Meistbietende der ersten Verpachtung im Jahr 1845 war mit 31 Gulden der Schlaghüter Jakob Bucher aus Neuburg, Pächter des Jahres 1861 war ein Adam Meyer aus Hagenbach. Er hat durch Ratsbeschluß vom 8.11.1861 auf den Pachtschilling einen Nachlass vom 7.20 Gulden erhalten, weil, wie er es begründete, „die Trüffeljagdplätze ihm nicht genau bekannt waren, solche überdies im Gemeindewald nur noch sparsam vorhanden seien, durch die Schweineherde stark beschädigt und er durch die leidenschaftliche Konkurrenz auf den hohen Pachtbetrag getrieben worden sei“, Die Trüffeljagd endete im Jahr 1906.

Brennholzbedarf 1846-1976

Stellt man einen Vergleich an über den Hausbrand des Jahres 1846 mit dem von 1976, bekommt man ein Bild über den damaligen und heutigen Brennholzbedarf. Heißen unsere modernen Heizelemente Gas, Öl und Strom, so gab es vor 130 Jahren nur Hausbacköfen, Zimmeröfen und Küchenherde als Holzbrennstellen.

Brennbolzeinschlag in den Gemeindewäldern:

Berg Neuburg Hagenbach
im Jahr 1846 620 740 1044 Ster
im Jahr 1976 0 140 8 Ster

Mit den wenigen Zahlen will lediglich die enorme Veränderung auf dem Sektor des Brennholzes, die Wandlung in der Gemeindewaldwirtschaft schlechthin angesprochen werden. Übrigens, was den Gemeindewald Berg von der Rentabilität her betrifft, befindet sich die Gemeinde seit einer Reihe von Jahren ohnehin auf dem Holzweg.

Die Rechtschreibung des Wortes Baiern

Am 21. Juli 1846 erging eine Anweisung an die Gemeinde, dass es der Wille seiner Majestät des Königs sei, fortan die Schreibart ,“Bayern“ anstatt Baiern anzuwenden. Es muss eine schwere Umstellung gewesen sein, denn noch lange danach ist das Land seiner Mayestät mit ,“i“ geschrieben worden, auch von denen die es angeordnet haben. Der Grund für die plötzliche Änderung ist folgender: König Ludwig I war ein Verehrer der griechischen Kunst und vor allem der griechischen Sprache. Da nun das „Y“ ein typisch griechischer Buchstabe ist, hatte er damals angeordnet, Bayern mit y zu schreiben, – die Laune eines Königs – .

Maulbeerpflanzungen und Weinbau

Die Maulbeerpflanzungen zur Förderung der Seidenraupenzucht scheinen um die 1850 er Jahre in der Pfalz volkswirtschaftlich bedeutsam gewesen zu sein. Zufolge einer statistischen Erfassung hatte Berg im Anbaujahr 1846 33 Maulbeerhochstämme und 450 Heckenpflanzen. Der Weinbau war gleich Null; der Weinertrag betrug 0.6 Fuder, als Gartenwein deklariert.

Verkauf von Kartoffeln und Kartoffelausfuhrverbot (1846)

Durch Machenschaften der Händler und Makler sind die Preise für Kartoffeln und Getreide dermaßen in die Höhe getrieben worden, dass daraus ein Engpass in der Versorgung entstand. Die Erzeugerlandwirte blieben den Märkten fern und hielten ihre Produkte zurück, um sie auf wucherische Art zu weit erhöhten Preisen an den Mann zu bringen. Zum Schutz gegen die hohen Preise hat die Gemeinde als Ortsbehörde am 8.10.1846 einen Polizeibeschluss erlassen und darin den Spekulanten den Ankauf von Getreide und Kartoffeln bei den Landwirten verboten. Zugleich hat die Kreisregierung der Pfalz ein Ausfuhrverbot erlassen, um die Preise zu normalisieren und die Versorgung der Bevölkerung zu sichern.

Hausnumerierung 1848

Im Mai 1848 hat in der Gemeinde für alle Anwesen eine neue Hausnummerierung stattgefunden. Es waren keine Hausschilder heutigen Formats, sondern wie es in dem betreffenden Rechnungsbeleg genannt wird „eine Nummeration aller Häußer in der Gemeinde Berg mit Oelfarbe. 208 Stück a 1.5 Kreuzer 5.12 Gulden.“ Im Jahr 1877 sah die Beschilderung schon wesentlich besser aus. Die angemalten Zahlen an den Hausgiebeln wurden durch 219 blechene Haus-Schilder abgelöst.

Freischärler 1848-1849

Ein Rundschreiben des Landkommissariats vom 17.6.1848 an die Gemeinden Berg, Hagenbach, Neuburg und Pfortz kündigt den Einmarsch preußischer Truppen an mit Schwerpunkt in Speyer, Dürkheim und Kaiserslautern. Insgesamt ist von 24000 Mann die Rede. Der Schlusssatz lautet: „Zur Feier dieses Erfolges wahrer deutscher Einheit werden alle Gemeinden auf den Thürmen die bayerischen Fahnen aufpflanzen, sobald sie von Freischaren frei sind.“ Demgegenüber meint ein zur Hand genommenes Geschichtsbuch neueren Datums, dass die Forderung der Zeit, wie sie die deutsche Einheitsbewegung durch die Freischärler anstrebte, von den in überalterten Anschauungen lebenden Königshäuser nicht verstanden worden ist. Wer hatte Recht?

Die Ereignisse des badisch-pfälzischen Aufstandes erinnern nicht allein an die unruhigen Jahre in unserm Raum, sondern haben ortsgeschichtlich auch unmittelbar mit unserer Gemeinde etwas zu tun. Vergegenwärtigt man sich der Jahre 1848/49, scheint es der zu dieser Zeit verantwortliche Bürgermeister Franz Scherrer nicht gerade leicht gehabt zu haben. Er musste nämlich auf zwei Schultern Wasser tragen, gleichzeitig zwei Herren dienen.

Beweise sind die Rechnungsbelege Nr. 277-356 aus den Jahren 1848/49. Die Gemeinde hat sowohl den vaterländischen Truppen, so nannten sich die Regierungstruppen, als auch der revolutionären Regierung in den Lieferungen und Leistungen Willfährigkeit erwiesen. Sie konnte sicher nicht anders handeln.

Während den „Vaterländischen“ nur Naturalien zu liefern waren, nämlich 100 Ztr. Heu, 75 Malter Hafer (ca. 110 Hektoliter) und 23 Zentner Stroh, haben die Freischärler der revolutionären Regierung folgende Requisitionen in Anspruch genommen: 1 Pferd mit Reitzeug für den Adjudant Kuby, Reisegeld an die Berger Bürgerwehr, die als erstes Aufgebot zur Kandeler Kompagnie am 17.6.1849 in Marsch gesetzt wurde, Zehrgeld in Berger Gaststätten, lederne Gürtel, Lieferung und Instandsetzung von Gewehren, 28 Bürgerkappen und 30 blaue Blusen, 25 Paar Stiefel und schließlich 6.75 Kilogramm Schießpulver, Lieferanten waren die Lauterburger Geschäfte Ludwig Berlin, Abraham Frommenthal und Johannes Houlet.

Lieferungswert an die Vaterländischen Truppen 1 397 Gulden, an die Freischärler 250.43 Gulden.

Wie endete die mit Waffen ausgetragene Fehde Deutscher gegen Deutsche? Stadtoberarchivrat Dr. Heß der Stadt Landau hat jene Periode in einer in der Rheinpfalz vom 7.3.1977 gebrachten Biographie des Landauer führenden Freischärlers Konrad Kretz so dargestellt: „Preußische Soldatenstiefel aber haben im Juni 1849 die Flamme des Aufruhrs diesseits und jenseits des Rheins gründlich ausgetreten, Damit war auch das Schicksal der Freischärler besiegelt.“

Mit Soldatenstiefeln getreten wurde auch der Berger Drei-Königswirt. Er musste Repressalien hinnehmen, weil er die aus dem badischen Raum heimkehrenden pfälzer Freischärler zur Übernachtung aufnahm. In einem Brief an den Friedensrichter in Kandel beschwert er sich über die in der Nacht vom 25. auf 26. Juni 1849 an ihm begangenen Misshandlungen und die in seinem Anwesen am Haus- und Wirtschaftsmobiliar verübten Demolierungen. „Macht schafft Recht war schon immer so.“

Ausbau der Neuburger und Hagenbach-Neulauterburger Zollstraßen

Die Jahre 1832, 1843 und 1848/49 standen im Ausbau der Hagenbach-Neulauterburg bzw. Neuburg-Berg-Neulauterburger Straße. Mangels flüssiger Mittel waren beide Maßnahmen je für sich ein Problem.

Beim Ausbau der Straße Berg-Neuburg hat Berg bei der Aufsichtsbehörde die Genehmigung zum Frondienst beantragt.

Die Herstellung der Zollstraße Berg-Neulauterburg kostete 1953.55 Gulden,

Noch etwas schwieriger gestaltete sich der Ausbau der Buchstraße von der Grenze Hagenbach bis Neulauterburg. Für sie war man 1848/49 auf der Suche nach einem Kostenträger. Das Verfahren lief bis zum Staatsministerium des Innern nach München. Die Buchstraße, heute die B 9, war seinerzeit weder eine Land- noch eine Kreisstraße, sondern wurde als Ergebnis der Untersuchungen zu einem Kommunicationsweg im Bezirk des Hauptzollamts Neuburg deklariert. Zu dem Kostenaufwand von 1838.21 Gulden steuerte die Forstverwaltung einen Obulus von 20 Gulden bei, während der Zollärar, der nach ausdrücklicher Feststellung des Landkommissariats den höchsten Nutzen durch die Frequenz dieser Straße zog, eine Kostenbeteiligung überhaupt ablehnte. So blieb die Finanzierung der 1838 Gulden eine Aufgabe der drei angrenzenden Gemeinden Berg-Neuburg-Hagenbach nach dem Verhältnis der Bevölkerung. Die so ergangene Entscheidung war anscheinend für alle drei Gemeinden unantastbar; keine hat Rekurs eingelegt.

Bürgerliche Niederlassungen in Berg

Bürgerliche Niederlassungen fremder Personen in der Gemeinde waren früher oft eine Sache des guten Benehmens, mehr aber noch eine Frage des Vermögens. Hier einige Begründungen aus den Sitzungen des Schöffenrats zu Einbürgerungen:

1821: „Johannes Braun aus Hagenbach lebt schon solch geraume Zeit hier, daß er als Bürger unserer Gemeinde angesehen werden kann; zumal er der Witwe Kuhn dahier die Ehe versprochen habe und seine Ansässigmachung eher zum Vorteil als Nachteil der Gemeinde gereiche.“

1825: „Auf dem Fuß wo der Bittsteller Anton Walz aus Rastatt seither in der Gemeinde sich aufhält, hat er keinen Schaden angerichtet und auf demselben mag er ungehindert fort wandeln.“

1855: Noch glatter verlief die Bewerbung des Grenzoberaufsehers Johann Wagner aus Altmannshausen, der sich eine der vermögensten Bürgerstöchter Bergs zur Braut erkoren hat; seine Aufnahme war überhaupt kein Problem.

1856: Für Ludwig Koebel aus Mothern mit einem Vermögen von 6000 Franken und seine Braut gleichen Reichtums ging die anstehende Einbürgerung ebenfalls gut über die Bühne.

1861: Beim Kandidat Bernhard Kaufinger aus Lindau stellten sich zwar keine Hindernisse in den Weg, jedoch hatte seine Bewerbung zur Bedingung, daß er auch die Berger Braut ehelicht, widrigenfalls seine Einbürgerung erlösche. In diesem Fall hat der Schöffenrat gewissermaßen bei puncto Liebe und Treue etwas mitgemischt.

1865: Ganz anders lagen die Verhältnisse bei einem Grenzaufseher aus Eggersberg, der beim Grenzzollamt Neuburg bedienstet war; er hatte ein näheres Verhältnis zu einer hiesigen Dame, mit der er bis dahin 6 uneheliche Kinder erzeugte, zu denen er sich allerdings zivilstandsrechtlich auch als Vater bekannte. Hier hätte der Berger Schöffenrat lieber nein wie ja gesagt, um, wie es in dem betreffenden Beschluss heißt, dem seitherigen Ärgernis ein Ende zu machen. Doch des Schöffenrats JA war die beste Lösung, weil sonst beim Grenzaufseher hätte befürchtet werden müssen, daß er Reißaus nähme und nicht nur seine Freundin sondern auch die 6 köpfige Mannschaft zu voller Last der Gemeinde im Stich ließ. Er erhielt also mit Beschluss vom 28.7.1865 das Berger Heimatrecht und bald darauf fand auch die Heirat statt. Pech für ihn, dass es damals noch kein Kindergeld gab.

Schon 100 Jahre zuvor hat die Kurpfälzische Regierung in Mannheim die Bürgeraufnahmen schwer zu machen versucht. In drei Erlassen hat sie gezielte Abwehrmaßnahmen ergriffen, die ihr besonders zeitgemäß zu sein schienen.

1. Erlaß vom 7. Oktober 1760 gegen die Schwängerung als Mittel zur leichteren Erreichung der Bürgeraufnahme.

2. Erlaß vom 25.1.1762 über die Erteilung der Heiratserlaubnis vor dem 25. Lebensjahr in gewissen Sonderfällen.

3. Erlaß vom 1.2.1764 über den zu erbringenden Nachweis der Aussteuer vor der Bürgeraufnahme.

Es waren gepfefferte Administrationsverfügungen. Zum Beispiel: Wer eine ehrliche Untertanin schwängerte, um dadurch eher in den Schutz des Heimatrechts einer Gemeinde aufgenommen zu werden, dem blühte eine dreijährige Kriegsdiensteinweisung.

Kochsalz-Schmuggel

Um 1850 wird seitens der Zollbehörden wiederholt das organisierte Einschmuggeln von Kochsalz an der Berg-Neulauterburger Grenze beklagt. Der Schmuggel ist sowohl von den Krämern als auch von Familien betrieben worden. Ob das französische Salz einen billigeren Preis hatte, von besserer Qualität, oder Kochsalz bei uns eine Mangelware war? In einem Fall wurde eine Berger Frau am 20.8.1856 wegen nur einem Pfund eingeschmuggeltem Salz vom Kandeler Gericht „contradiktatorisch“ zu 15 Gulden oder bei Zahlungsunvermögen zu 10 Tagen Gefängnis verurteilt. In einem Rundschreiben rügt das Landkommissariat bereits am 28.7.1824 die Grenzgemeinden Neuburg, Scheibenhardt und Berga (so die Schreibweise unserer Gemeinde 1824), daß sich die deutschen Salzhändler, Krämer und Wirte nach dem „französischen Münzfuß“ richten und dadurch die deutschen Käufer statt 9 Kreuzer pro Kilogramm 12 Kreuzer zahlen müssen. Die Bürgermeister sind angewiesen worden, gegen Missbräuche einzuschreiten und Übeltäter beim Gericht anzuzeigen.

Tür- und Fenstersteuer

Mit Recht klagen wir über die hohen Steuern, die wir zu entrichten haben. Würde man einen alle direkten und indirekten Steuern umfassenden Katalog zusammenstellen, er wäre umfangreich. Fassen wir es aber als einen kleinen Trost auf, dass wir heute wenigstens nicht mehr die Tür- und Fenstersteuer zu zahlen brauchen, die eine „napoleonische Erfindung“ war und bis ins Jahr 1850 erhoben worden ist.

Der Brandschutz um 1850

Bei einem zur Nachtzeit ausgebrochenen Brand war jeder Bewohner gehalten, die vor seinem Anwesen liegende Straßenseite durch eine Laterne zu beleuchten. Entstand ein Brand bei großer Kälte zur Winterszeit, mussten die Einwohner, die im Besitz großer Kessel waren, heißes Wasser in tunlichster Menge bereithalten, um dem Einfrieren der im Einsatz stehenden Spritze begegnen zu können. Derjenige Landwirt, der bei einem auswärtigen Brand zuerst die Spritze bespannte, erhielt aus der Gemeindekasse eine Gratifikation von 1 Gulden und 21 Kreuzer pro Pferd. Drei Feuerreiter waren eigens für die Nachbargemeinden Neuburg, Hagenbach und Lauterburg eingeteilt.

Der Schuppen im Metz’chen Hof in der Ludwigstraße war das erste Berger Feuerwehr-Spritzenhaus. Der Bauplan trägt das Datum „im Juli 1855.“

Bei einem Brand in Neulauterburg am 2.8.1877 war die Lauterburger Wehr im vollen Einsatz. Hierbei hatte ihre Spritze stark Not gelitten und der Lauterburger Feuerwehrmann Michael Diesel in einem Maße sich Brandwunden zugezogen, dass er in das dortige Spital eingewiesen werden musste. Aus Dank und Humanität hat die Gemeinde Berg der betroffenen kinderreichen Familie bis zur Genesung des erkrankten Vaters ein tägliches Unterhaltsgeld von 1.20 Gulden bezahlt. – Umgekehrt hat die Berger Wehr auch schon bei Lauterburger Bränden Löschdienste geleistet. In der Tat: Die Wehren kennen in ihrer Hilfe keine Grenzen.

„Berger Wohlstand“ um 1850

Unter den vielen Registraturordnern fiel ein wuchtiger Aktenbündel mit der Aufschrift „Armenpflege“ besonders auf. Was kann schon mit einem solchen Stichwort angefangen werden, wissen wir doch, dass um die Zeit vor und nach 1850 Armut, Not und Elend allerorts zu Hause waren. Sichtet man aber die Einzelakten, so treten aneinander gereihte Schicksale zu Tage, die uns vielleicht doch ein bißchen ansprechen und zurückerinnern wollen, wie unsere Vorfahren jener Epoche ihr Leben gefristet haben. Lassen wir die aktenkundigen Abläufe selbst zu Wort kommen.

1. Es war im Jahr 1838. Schwerkranke, teils Alleinstehende, teils Unheilbare sollten in die damals für unser Gebiet allein zuständige Armenanstalt nach Frankenthal kommen; meistens scheiterte jedoch eine Aufnahme wegen Überfüllung. So versteht sich wohl die Initiative Rheinzaberns, das am 19.12.1839 an unsere Gemeinde eine Einladung zur Errichtung einer Bezirksarmenanstalt in Rheinzabern ergehen ließ und dazu ausführte: „Indem wir uns beehren, dem Königlichen Bürgermeisteramt die Mittheilung dieses frohen und glücklichen Ereignisses zu machen, wird die freudige Theilnahme umsomehr erhöhet werden, als es tröstlich und angenehm sein muß, eine Anstalt in der Nähe zu wissen, die ins Leben getreten, auch bereit sein wird, wenn die Mittel hierzu ausreichen, den Armen und Kranken der Nachbargemeinden ihre schützenden Thore zu öffnen, indem wir die Königliche Wohlthat (der König hat als Start einen Zuschuß von 1000 Gulden gegeben) nicht allein und ausschließlich genießen, sondern brüderlich mit Ihnen theilen wollen.“

2. Im Jahr 1832 hat der Gemeinderat eine noch nicht abgelaufene Güterverpachtung aufgehoben. Respekt vor seinem Mut. Grund dazu war, wie es in dem am 15. Juni 1832 ergangenen Beschluss lautet: „da der größere Theil der hiesigen Einwohner zu arm ist, um sich für ihr Rindvieh begrasen zu können und alle Winkel des Bannes von den Begüterten selbst benutzt werden usw., so beschließt der Rath den Entzug folgender Grasparzellen aus der bisherigen Verpachtung.“

Löblich die Reaktion der betroffenen Pächter; keiner hat eine Entschädigung verlangt oder gar Beschwerde erhoben.

3. Um die örtliche Armenkasse etwas aufzufüllen, erhielt der Pflegschaftsrat aus dem Forst-Dispositionsfond 1840 eine Zuwendung von 25 Gulden.

4. Kann die Ausweglosigkeit im Dasein unserer Vorfahren deutlicher demonstriert werden als durch die Auswanderungszahlen der Jahre 1844-1850 bzw. 1865-1869! In der statistisch erfassten Zeit beider Perioden waren es 133 Auswanderer. Sie alle suchten, was ihr persönliches Schicksal betraf, in der Auswanderung eine Wende zum Besseren. (Scheibenhardt hatte von 1865-1869 16 Auswanderer) Es scheint als habe man die Auswanderung, zumindest was die Armen betraf, sogar behördlich gefördert. So hat die Stadt Mainz am 27.1.1881 für einen in Berg ansässigen Mainzer neben 100 Mark Unterstützungsgeld auch 100 Mark für die Auswanderung in die USA überwiesen.

5. Gequält von der Not seiner Untertanen war es 1846 der Wille seiner Majestät des Königs, in allen Gemeinden zur Unterstützung wenig bemittelter und armer Ortseinwohner während des bevorstehenden Winters Vereine zu gründen. In seinem Appell schreibt der Kandeler Kantons-Friedensrichter: „Man glaubt mit Recht erwarten zu können, daß diejenigen, welchen eine gütige Vorsehung ein beglückenderes Los als ihren armen Mitmenschen zutheil werden ließ, diesen in der Zeit der Noth beyspringen und hierdurch bekunden werden, daß sie der Ihnen geworden hohen Gottesgnade des Menschen- und Christennamens würdig sind.“

6. Der Hilfsausschuß der Stadt Speyer schließt seinen Aufruf so: „Der Segen des Himmels, die Dankbarkeit der Armen und das erhebende Bewußtsein, bedrängten Mitmenschen in schwerer Zeit vor Hunger und Elend und den Abwegen, wohin diese zu oft führen, bewahrt zu haben, möge jede Gabe reichlich belohnen.“

Die Not muss in diesen Jahren weit schlimmer gewesen sein, als wir heute mit sattem Magen zu begreifen vermögen.

Einzelfälle aus unserer Gemeinde:

7. Im Jahr 1847 haben 104 Familien über die Gemeinde Saatfrucht und Saatkartoffeln erhalten,, ohne die eine Feldbestellung und mithin auch eine Ernte ausgeblieben wäre. Mit Gemeinderatsbeschluß vom 29.6.1850, also 3 volle Jahre später, war es dem Gemeinderat aufgetragen, sich mit einigen Empfängern zu befassen, die als Zahlungsfähige deklariert worden sind, die Kosten des Saatgutes zu erstatten. Es erging Beschluss, die Betreffenden ihre Schuld durch Waldkultur- Weg- und Wiesenverbesserungsarbeiten abverdienen zu lassen.

8. Die Gemeinde hat im Jahr 1847 an eine Reihe von bedürftigen Familien fast 2000 Laib Brot kostenlos ausgegeben, um, wie es an anderer Stelle heißt, die Kinder nicht zugrunde gehen zu lassen. Wie reich die Gemeindekasse war, erhellt aus einer Eingabe der beiden Ortsbäcker, die im Jahr 1853 für ihre Brotlieferung noch kein Geld erhielten. Ihre Forderung betrug 224 Gulden und 26 Kreuzer. Man darf dem hinzufügen, dass diese Zeit für den Bürgermeister Scherrer und seinen Adjunkten Meyer keine leichte Verwaltung war. Es ist sicher leichter mit einer gefüllten Kasse anstehende Probleme zu lösen, als ohne Geld todbittere Not zu lindern.

9. Um die damalige Armenfürsorge richtig zu verstehen, muss man wissen, dass die örtliche Armenpflege nicht nur für die Ortsansässigen, sondern auch für die längst Weggezogenen zuständig blieb. Die Hilfe war an das Heimatrecht gekoppelt. War also ein Berger in einer anderen Gemeinde oder Stadt hilfsbedürftig geworden, musste die fremde Gemeinde erste Hilfe gewähren, die Heimatgemeinde Berg aber ersetzen, umgekehrt war es ähnlich. So geht es wie ein roter Faden durch die Akten, dass Rückersatzansprüche anderer Gemeinden oder Städte das ganze Jahr hindurch eintrafen, die es anzuerkennen oder mit stichhaltiger Begründung abzuwehren galt. Es gab auswärtige Berger, die ihre Hilfsanträge in herzansprechender Bittform angemeldet, aber auch solche, die aus der Fremde gegen ihre Heimat scharf geschossen haben, sei es weil es nicht schnell genug ging oder die Hilfe zu gering war.

10. In einem Fürsorgefall schrieb der Bürgermeister von Mutterstadt am 17.3.1877 vermittelnd nach Berg, dass die Familie XX für die erstmalige Unterstützung bestens danken lässt und gleichzeitig darum bittet, ihr auch fernerhin nicht das Herz zu verschließen.

11. Eine in Ludwigshafen wohnhafte, in Berg beheimatete Witwe fasst ihre Bitte um weitere Hilfe in die folgenden Worte: (1857) Ich nehme meine Zuflucht abermaIs an die gewiß gut und edel handelnde Gemeindeverwaltung als rechtlicher Beschützer und fährt fort „Für meinen monatelang, schwerkranken Mann sind die sauer erworbenen Sparpfennige draufgegangen, bis er endlich durch den Tod von seinem Leiden erlöst, von Frau und 5 unversorgten Kindern Abschied nahm. Ich habe mich auf das Allernotwendigste beschränkt und bereits Mobiliar verkauft, nur um das Brot herbeischaffen zu können.

12. Aus der Residenzstadt München trifft ein Schreiben vom 6.2.1883 ein, dass drei Kinder einer aus Berg stammenden Familie aufgegriffen und mit einer Mittagssuppe verpflegt werden, da die Eltern auswärts arbeiten, die Kinder sich aber aufsichtslos auf der Straße herumtreiben. Die Kosten pro Kind und Tag betrugen 11 Pfennig.

13. Die Stadt Ludwigshafen fordert mit Schreiben vom 1.7.1873 Ersatz der Beerdigungskosten eines verstorbenen Bergers; die Kostenaufstellung im einzelnen:

Leichenschau 0.30 Gulden
Todtensarg 8.— Gulden
Kutschergeld, Transport zum Friedhof 3.30 Gulden
Todtengräber für Grabanfertigung 5.- Gulden
Kirchendiener für Geläut usw. 1.30 Gulden 18.30 Gulden

14. Wegen außergewöhnlicher Notlage (4 Kinder, Hochwassergeschädigter und erlittene Viehverluste) hat seine Mayestät dem Taglöhner Franz X aus allerhöchster Kabinettskasse eine Unterstützung von 20 Gulden zu bewilligen geruht.

15. Selten lautet der Ton eines bürgermeisteramtlichen Berichts zum königlichen Bezirksamt so eindeutig wie am 13.2.1867: Der zum Krüppel geschossene Soldat Michael B. möge endlich in der Weise bedacht werden, daß er sein Leben fristen kann und es nicht nöthig habe, am Hungertuch zu nagen oder dem gering dotierten Lokalarmenfond zu Last zu fallen.

16. Selbst eine Maria-Antoinette von Schwarz, Enkelin des für Berg berühmten Generals Franz-Xaver von Schwarz, reichte von ihrem Wohnort Lauterburg aus eine Bittschrift an das Präsidium der Königlichen Regierung nach München. Sie begründet ihren Antrag damit, daß das der Familie von Schwarz früher gehörende Besitztum zwischen Lauterburg und Berg in den Kriegsläuften zu Anfang des Jahrhunderts zu Verlust gegangen und sie sich und ihren l4jährigen Sohn mit ihrem kärglichen Einkommen aus dem kleinen Kramladen zu ernähren außer Stande sei.

17. Um das harte Los der Armen auf dem Gebiet der gesundheitlichen Betreuung in den Griff zu bekommen, wurden für Berg, Neuburg und Hagenbach Armenärzte bestellt. 1868 war es für Berg Dr. Oeßwein, der, wie aus den Akten vermutet werden kann, selbst aus Armut verstorben ist. Von 1869 bis Juli 1872 war es ein Dr. Heitz, der aus Minfeld kam. Nach Ziffer III des zwischen der Gemeinde Hagenbach und Dr. Heitz am 14.12.1869 abgeschlossenen Vertrages, der seinem Inhalt nach von Berg übernommen worden ist, hatte Dr. Heitz seinen Wohnsitz in Hagenbach zu nehmen und womöglich auch eine kleine Notapotheke zu halten.

18. Mit Wirkung vom 1.9.1871 öffnete eine weitere soziale öffentliche Einrichtung ihre Pforte; es war das Kantonskrankenhaus Kandel, Vorgängerin des heutigen Kreiskrankenhauses. Kraft § 4 der Statuten gehörten alle im Bereich des Kantons Kandel in Dienst stehenden Handwerksgesellen, Lehrlinge und Dienstboten dem Krankenhausverband Kandel an. Allen Distriktangehörigen stand der Eintritt offen. Abonnenten schuldeten eine Aufnahmegebühr von 12 Kreuzer und einen laufenden Monatsbeitrag, nämlich 9 Kreuzer für Männliche und 6 Kreuzer für Weibliche. Dafür erhielten diese freie Krankenhausbehandlung. Auch die Kosten der Fuhrwerke zur Einlieferung erkrankter Mitglieder waren geregelt. So beliefen sich die Gebühren von Berg, Neuburg und Scheibenhardt nach Kandel auf 2 Gulden, für die Patienten aus Hagenbach auf 1.30 Gulden.

19. Doch dann haben sich auch Fürsorgefälle abgespielt, über die man ein gewisses Schmunzeln nicht verbergen kann. Ein Heuchelheimer Mann ist in Berg verunglückt und musste bei dem Wirt Jakobberger, der dem Gemeinderat angehörte, vom 17.4. bis 4.5.1838 in volle Pflege gegeben werden. Der Mann starb an den Folgen seiner erlittenen Verletzungen. In der Abrechnung für die Gemeinde Heuchelheim standen auch ein paar Viertel Wein für insgesamt 9 Kreuzer. Heuchelheim hat diese Position abgelehnt, es sei denn der Kandeler Kantons-Krankenarzt würde die Notwendigkeit anerkennen. Nachdem dieser dies nicht tun zu können glaubte, erteilte der Berger Pfleger namens Jakob Schwab die geforderte Bestätigung und siehe es ging durch.

20. Eine Berger Dienstmagd hat einem Büchelberger, der von seiner Frau verlassen worden ist, den Haushalt geführt. Nach der von altersher gültigen Formel: Liebe x Liebe = Nachwuchs, hat die Bergerin am 26.9.1883 einem Jungen das Leben geschenkt. Berg musste die Hebammenkosten zu 17.53 Mark tragen. Soweit so gut. Nun fügt sich aber ein drittes Ereignis hinzu. Die zwei wurden am 17.12.1883 wegen Konkubinats verurteilt.

21. Für einen in Neu-Ulm verpflegten Berger sollte 1893 die Überführung nach Frankenthal erfolgen, nachdem tags zuvor die Bestätigung eintraf, dass der Kranke transportfähig ist. Als die Berger Begleitperson in Neu-Ulm ankam, hatte Peter X inzwischen bereits die große Reise ins Jenseits angetreten.

22. Eine Berger Ludwigshafenerin beginnt ihr Bittgesuch vom 14. Juli 1897 mit der verfänglichen Einleitung, „wohlliebenstes Bürgermeisteramt“, fährt dann aber so fort: „Wenn Sie denken, daß Sie nicht mithelfen wollen, werden wir weitere Schritte tun. Ich mache Sie darauf aufmerksam, daß Sie billiger davon kommen, wenn Sie meine paar Mark Miete übernehmen, statt für jedes der vier Kinder 50 bis 60 Mark zahlen. Mir ist bekannt, daß ich nicht betteln, nicht stehlen und, was viel schöner wäre, auch nicht hu. . . darf,“ Das Schreiben trägt unten die Bleistiftnotiz „Nicht beantworten.“

Das Leben jener Menschen schien nicht mehr lebenswert zu sein. Sehr viele sind arm zur Welt gekommen, haben arm gelebt und sind arm gestorben. Es war ein Leben nach der Devise: Sterben oder Verderben.

Aufnahme in den Bürgerstand der Gemeinde

Der in die Gemeindebürgerschaft Aufzunehmende ging durch die Mühle des Rates. So z. B. gemäß Beschluss vom 6.2.1850. Die Aufnahme als Bürger war weder leicht, noch einfach, noch billig. Der Kandidat musste in aller Regel Besitz oder Einkommen nachweisen und unbescholten sein. Er stand meist vor dem versammelten Gemeinderat, um eine entsprechende Erklärung verpflichtenden Charakters abzugehen. So auch der aus Offenbach stammende Franz Kirschthaler, der eine Berger Witwe zur Frau wählte und Bürger werden wollte. Seine Aufnahme wurde gutgeheißen, aber mit einer Gebühr von 200 Gulden teuer belegt, zahlbar in 4 Jahresraten. Als das Bayrische Bürgerrecht am 31.12.1915 Abschied nahm, hatte Berg auf Grund der Fortschreibung zu diesem Zeitpunkt 179 eingebürgerte Familien. (NB. Heute ist es auf Grund der Gemeindeordnung so, dass ein Zuziehender, ob arm oder reich, brav oder bös, mit der polizeilichen Anmeldung und seiner Niederlassung zunächst Einwohner, nach 1/4 Jahr automatisch Gemeindebürger wird.)

Berger Posthorn

Das von König Maximilian II in den Jahren 1850 dem Postillion Michael Link aus Berg gestiftete Posthorn liegt als Erinnerungsstück im Historischen Museum in Speyer.

Auswanderung nach Afrika

Wegen Mangel an Arbeit und Einkommen sind im Jahr 1853 aus Berg eine geschlossene Familie und 14 weitere Männer freiwillig nach Afrika ausgewandert. Ihren Plan konnten sie jedoch ohne das nötige Handgeld nicht realisieren, denn es waren ausschließlich Angehörige der ärmeren Klasse. So ist die nicht reiche Gemeinde eingesprungen und hat für ihre Auswanderungslustigen ein finanzielles Opfer gebracht, um sie, so hart es auch klingen mag, los zu werden. Die Begründung des Schöffenratsbeschlusses im Wortlaut: „In Erwägung, daß sämtliche Personen wirklich in ärmlichen Verhältnissen leben und hoffen, als Kolonisten in Afrika Beschäftigung und Brot zu erhalten, ferner in Erwägung, daß sich unter den Leuten solche befinden, die sich dem Betteln hingeben und davon leben und es für die Gemeinde und den Staat nützlich wäre, wenn sie auswandern, so daß das Opfer von 375 Gulden, welches heute die Gemeinde für sie bringen will, gute Früchte bringen dürfte.“ Welch ein Gegensatz zwischen 1853 und 1977: Damals aus Not und Verzweiflung Auswanderung in die französische Kolonie Afrika, heute Erholungs- und Ferienreisen per Flugzeug in diesen Kontinent.

Streu und Pfriemen aus dem Staatswald

1853 muss auf dem Gebiet der Viehwirtschaft ein sehr ernstes Notstandsjahr gewesen sein. Von der Vieherhaltung her der Situation Rechnung tragend, hat die Königliche Regierung aus den Revieren Scheibenhardt und Langenberg je 25 einspännige Fuhren Schneidstreu, Besenpfriemen und auch Gras zur Verteilung an bedürftige Einwohner der Gemeinde „begünstigungsweise gestattet.“ Da die Empfänger des Streuwerks, als Ausdruck ihrer Not, nicht mit Geld bezahlen konnten, wurden sie ersatzweise zu Naturalleistungen herangezogen. Nach dem Prinzip: Gib dem Staat was des Staates ist.

Restauration der Dorfkirche

Arm wie eine Kirchenmaus richtete Pfarrer Müller am 15.10.1853 einen flammenden Appell um finanzielle Hilfe an das Landeskommissariat. Er führte darin aus: Die Kirche von Berg ward im Jahr 1778 völlig ausgebaut und zum Gottesdienst benützt. In der französischen Revolutionszeit ihres Vermögens beraubt, konnten später, wenn auch noch so nötig, keine Reparaturen vorgenommen werden. Helfer in der Not war die Gemeinde. Vermöge der damaligen Identität zwischen Kirche und Gemeinde geschah die erbetene Hilfe ohne Zwang. Wille und Bereitschaft des Gemeinderats kommen in dem am 3.12.1853 ergangenen Beschluss zum Ausdruck, „daß sich Hochaltar und Kanzel in einem solchen Zustand befänden, die dringend einer Restaurierung bedürften, namentlich aber der Altar in seiner jetzigen Beschaffenheit nicht geeignet sei, Gefühle der Andacht, wie es in einem Gotteshaus sein soll, bei dem Besucher zu erwecken.“ Also hat der Gemeinderat im Hinblick auf die Zahlungsunfähigkeit der Kirche die für den Altar und Kanzel erforderlichen Mittel in Höhe von 306.40 Gulden übernommen,

Pflegekind-Verträge 1854

Früher gab es relativ viele Vollwaisen. Im schönsten Menschenalter sind die Eltern oft sozusagen weggestorben.

Allein im Jahr 1854 gab es in Berg 35 Pflegekontrakte. Verantwortlicher Träger der Waisenkinder-Pflegschaften war die Gemeinde. In aller Regel wurden die Waisenkinder in andere Haushalte innerhalb der Gemeinde vermittelt. Eins dieser Kinder war 1854 das Pflegekind Anna Maria Baumheckel, 10 Jahre alt. Der abgeschlossene Pflegevertrag lautet in seinen §§ 1-8:

1. Valentin Allwinn verspricht dem verwaisten Mädchen gesunde und hinreichende Nahrung zu geben.
2. Diesem Mädchen für Kleidung, Leibweißzeug, dieses zu waschen und auszubessern.
4. Dieses Mädchen zum Gottesdienst und Schulunterricht anzuhalten, widrigenfalls die Strafversäumnisse für dasselbe zu zahlen.
5. Vom Betteln wie auch von bösen Gesellschaften abzuhalten.
6. Dasselbe zwar zur Arbeit anzuhalten, jedoch zu keiner, die deren Kräfte übersteigt.
7. Der Vertrag wird auf 1 Jahr abgeschlossen, das Pflegegeld beträgt 25 Gulden fürs Jahr.
8. Nach abermaliger Vorlesung wird der Vertrag von beiden Teilen unterzeichnet.

Bürger und Nichtbürger der Gemeinde

a) Entrichtung des Bürgereinzugsgeldes und „Wassergeldes“

Es gab Bürger und Nichtbürger mit ungleichen Rechten und Pflichten, Die Nichtbürger waren sowohl vom Bürgereinzugsgeld als auch von sonstigen Abgaben befreit. Dafür hatten sie auch nicht die üblichen Vorteile der Normalbürger aus Gabholz, Allmend oder Fürsorge, um nur drei der Bürgerrechte zu nennen. Aber sie hatten dennoch einige Rechte wie die echten Bürger: Durften Handel betreiben, Grund und Boden erwerben, in Taglohn gehen, den Gemeindewald benutzen, an den Brunnen Wasser holen, Kirche und Schule besuchen, Vieh zur Herde treiben und anderes mehr im Gegensatz zu den Bürgern sogar alles umsonst. Auf die Praxis bezogen sogar eine einseitige Begünstigung. Deshalb hat der Rat am 28. Juli 1855 inbezug auf die Nichtbürger zwei Gebühren eingeführt. Einmal das Bürgergeld in Höhe von 10 Gulden. Wer nicht zahlen wollte oder konnte, musste mit seiner Ausweisung rechnen, notfalls mit gesetzlicher Gewalt. Zum andern hat der Rat am 19. August 1861 bezüglich der Brunnenbenutzung durch die Nichtbürger eine Sonderabgabe beschlossen, Offiziell hat also Berg schon vor 115 Jahren eine Art von Wassergeld erhoben, das allerdings mit 1 Gulden als Jahrespauschale pro Familie billig war.

b) Gemeindenutzung durch Nichtbürger und Fremde

Die Trennungslinie zwischen Bürger und Fremde innerhalb der Gemeinde wurde immer schärfer gezogen. Zwar gab es um 1860 bereits eine gewisse Freizügigkeit, aber diese hörte auf, wo sich die geduldeten Rechte der niedergelassenen Fremden mit den verbürgten Rechten der echten Bürger zu stoßen begannen. Um dieses Spannungsfeld, sicher nicht ohne Druck von einer Seite her entstanden, zu bereinigen, hat sich der Schöffenrat in Wahrung der Interessen seiner Bürger am 19. August 1861 zu folgender Entscheidung veranlasst gesehen: „In Erwägung, daß der Grund zur Mehrung der Aufenthalte in Berg lediglich darin besteht, daß in der Gemeinde Berg keine Umlagen bezahlt werden, Pachtgüter zu haben sind, der Ort an den Bienwald grenzt, Communalwald vorhanden ist und es sich auch auf leichte und wohlfreie Weise gegen anderswo hier leben läßt, wird den Nichtbürgern und Fremden die diesen bisher stillschweigend eingeräumten Gemeindenutzungen einstimmig entzogen.“

Das war zweifellos eine harte Entscheidung gegen diejenigen, die davon betroffen worden sind. Wir sehen, andere Zeiten mit anderen Konflikten.

Neuvermessung des Berger Allmenddistrikt im französischen Wörr

Der Berger Allmendbesitz im französischen Wörr bedurfte 1855 der geometrischen Neuvermessung. Während der letzten neunjährigen Verpachtung sind viele Güterparzellen in den Rhein eingebrochen, neue Wege entstanden und zahlreiche Ackergrenzen verwischt worden, Durch diese Änderungen bedingt, musste zwangsläufig die ganze Gewann neu eingeteilt werden. Auch hier und diesmal hat der Rhein als Tyrann aus Willkür sein Bett, sein Ufer und das angrenzende Gelände stark strapaziert. Der Rheinstrom wurde erst dann ruhiger, als er seinen heutigen Talweg erhielt. Das war auf der Höhe von Berg und Au im Badischen 1860 der Fall.

Hier drei beliebig herausgeholte Handwerker-Rechnungen. Man könnte fast den Hintergrund vermuten, die drei Gemeinden hätten schon vor 130 Jahren zusammen gehört. Das sicherlich nicht, aber die drei Notas haben grammatikalisch doch so einiges gemeinsam,

1. Rechnung des Berger Maurers Georg Scherrer (1847)
Materialien geliefert und geställt, nehmlich 3 Kiewel voll Kaligmilich, 2 Küwel voll Mördel an die auswendige Wandfläge, 5 neue holzziegel auf das Tach beligt.

2. Rechnung des Neuburger Sattlers B. Weisenburger (1847)
An die Glok einen Stik riehmen gemacht von sechs Schu lang, Toppeltes Leter und drey mal durch geneht.

3. Rechnung des Glasers Joh. Ritter, Hagenbach (1855)
Gemagte Glaserarbeiten in den zwey Cadolischen Schuhlheiser. Erstens in dem Alden Schuhlhaus zwei Scheuben gemagt, in einem jeden Schuhlsal eine Scheub, weider in dem gleinen Schuhlsal zwei Scheuben, eine jede zu 18 Kreutzer. Der Bedrag der gantzen Rechnung 1 Gulden und zwantzig Kreutzer.

Todtensteuer (1856)

Wollte man den Beleg 85 des Rechnungsjahres 1856 wörtlich akzeptieren, würde es um diese Zeit eine „Todtensteuer“ gegeben haben, geschuldet auf Grund des französischen Gesetzes „Loi du 20.2.1849“ (Gesetz vom 20.2.1849). Die Steuer war zu entrichten an die kaiserliche französische Steuereinnehmerei Lauterburg, der Höhe nach 50,30 Gulden oder 108,15 Franken. Erst die gleiche Steueranforderung aus dem Jahr 1860 gibt Aufschluss über den Sachverhalt. Nach dem französischen Text hieß die Steuer „Biens de main-morte“ wörtlich übersetzt „Besitz von toter Hand“. Es handelte sich um eine Abgabe für den in der französischen Gemarkung Lauterburg gelegenen Besitz Berger Bürger, die ohne Erben verstorben sind. Aus der Steuer „Besitz von toter Hand“ wurde wahrscheinlich durch das Übersetzungsprodukt des Ratschreibers oder Einnehmers eine „Todtensteuer“.

Erstmalige Verpachtung des Fischgewässers im französischen Wörr

Die Fischwasser auf dem Wörr, sowie in der alten Grenzlauter sind durch den Gemeinderat am 3.11.1858 erstmals zum Vorteil der Gemeindekasse verpachtet worden.

Verbot öffentlicher Versteigerungen im Gemeindebüro

Um Missbräuchen bei den zahlreichen öffentlichen Versteigerungen, wohl Zwangsversteigerungen, durch die Notare im Gemeindebüro vorzubeugen, hat der Gemeinderat am 11.12.1858 beschlossen, das Bürgermeisteramt hierfür nicht mehr zur Verfügung zu stellen und künftige Versteigerungen in einen Schulsaal zu verlegen. Anlass dazu war, dass bei größeren Versteigerungen die Teilnehmer im Gedränge frei umherstehende Inventar-Gegenstände an sich und mitgenommen haben. Für die Benützung des Schulsaales haben von nun an überdies die Königlichen Notare für ihre Versteigerungen, die in der Regel mittwochs und freitags-nachmittags abgehalten worden sind, per Stunde 20 Kreuzer im Sommer und 30 Kreuzer im Winter entrichten müssen.

Beurteilung einer „Lebedame“

„Die 19jährige entstammt armer, jedoch braver Eltern, die ihre Kinder in Schule und Kirche geschickt haben. Die Kinder ohne Ausnahme waren, solange die Mutter noch lebte, in gutem Ruf. Dann aber fing bei der Barbara Sch. das Böse in ihrem Herzen Wurzel zu fassen. Sie legte ihre Standestracht ab, putze sich in Flitterstaat, gab den Lockungen der Soldaten Gehör, opferte Unschuld und Tugend eitlen Genüssen, fröhnte dem Müßiggang und litterlichem Leben, stürzte als unvermeidliche Folge in den Schlamm sittlicher Verworfenheit, übernachtete heimlich in Ställen und Scheunen, legte Hand an fremdes Eigentum, um sich Obdach und Nahrung zu verschaffen, dann aber doch noch zur rechten Zeit vom Arm der Gerechtigkeit erreicht und in die Strafanstalt gebracht wurde, wo sie sich hoffentlich bessern wird.“

In dieser Form hat der Bürgermeister vom Jahr 1858 mit relativ kurzen Ausführungen das Lebensbild skizziert, um das er aufgefordert worden ist. Der Bürgermeister war schon damals Mädchen für alles. Heute wird ein Bürgermeister bei Straffälligkeit eines seiner Schäflein nicht mehr gehört. In der Justiz sieht die Praxis so aus dass der Richter einen Beschuldigten bei Vorführung zwar anschaut, den Täter jedoch, falls er einen festen Wohnsitz hat, in der Regel wieder laufen lässt, nach dem Willen des Gesetzes laufen lassen muss.

Besuch seiner Majestät, König Maximilian II im Kreis

Seine Majestät, König Maximilian II. von Bayern hat am 15. Juni 1858 durch seinen Besuch dem Kreis Germersheim die Ehre gegeben. Ohne Zweifel war der zeremonielle Ablauf der Feierlichkeiten grandios.

Darüber liegt zwar nichts Aktenkundiges vor, aber es wurde inmitten der Archivakten ein Einzelblatt in Form einer künstlerischen Umrandung gefunden, das ein auf den Allerhöchsten Besuch abgestimmtes Königsgedicht enthält. Es ist vielleicht die Annahme vermessen und dennoch nicht ausgeschlossen, dass dieses Gedicht das einzige Exemplar im Kreis sein könnte, das die 118 Jahre Vergangenheit überlebt hat. Hier sein Wortlaut:

Seiner Majestät
König Maximilian II
Bei allerhöchst dero Anwesenheit
zu
Germersheim
am 15. Juni 1858

Es prangt das Land im heitren Festeskleide,
Das ewig schöne Land am Rhein;
Denn heute zieht sein Stolz und seine Freude,
Sein König wieder bei ihm ein.

Sein König, der mit feurig edlem Triebe
Nur auf das Gute ist bedacht,
Und sorgsam mit des treuen Vaters Liebe
Für seine Völker Wohlfahrt wacht;

Der mit des Herrschers würdigstem Bestreben
Dem Handel neue Bahnen fand,
Und das Gewerbe rief zu höherem Leben,
Indem er’s mit der Kunst verband.

Der zu begegnen drohenden Wetterstürmen
Ein tapferes, starkes Heer erschuf,
Und Glaube, Bildung, Wissenschaft zu schirmen
Erkennt als heiligsten Beruf.

Der seinem Volke hat der Seuche Plage
Gelinder und der Theuerung Noth;
Die Thräne trocknet hier am Sarkophage,
Und dort dem Armen reicht sein Brod.

Der gute König ziehet heut am Rheine
In seiner Väter Heimath ein,
Wo mild bestrahlt von goldenem Sonnenschein
Am Ufer wächst der beste Wein.

Der Freude Jauchzen wird im Thal vernommen
Und an den Bergen wiederhallt’s
Es eilt herbei zum freudigsten Willkommen
Das ganze treue Volk der Pfalz.

Und wie der Strom hebt die Wogen
Daß sie kein Ufer fesseln kann,
So steigt der Ruf bis in des Himmels Bogen
Heil, Heil Dir Maximilian!

Das Königsgedicht 1858 habe ich der Kreisstadt Germersheim zur Verfügung gestellt. Prompt kam von ihr folgende Antwort: Für ihre Aufmerksamkeit, uns eine Kopie des „Königsgedichtes“ zu übersenden, sagen wir Ihnen unsern besten Dank. Tatsächlich wurde damit eine Lücke geschlossen, denn wir sind bisher nicht im Besitz dieses Gedichtes gewesen. Wir werden es einrahmen lassen und unserm neuen Museum in der Abteilung „Germersheimer Literatur“ einordnen usw.“

Grabenherstellungskosten der Stadt Lauterburg

Ein streitbarer Vorgang spielte in den Jahren 1856 -1859 zwischen der Stadt Lauterburg und der Gemeinde Berg, bzw. deren Aufsichtsbehörden: der Sousprefektur Weißenburg und dem Landkommissariat Germersheim. Lauterburg legte einen Teil der Grabenherstellungskosten auf den Berger Besitz in der Gewann Wörr um, es waren 257,05 Franken. Berg lehnte den Kostenanteil ab. Lauterburg blieb auf seiner Forderung bestehen. Berg bestritt einen wirtschaftlichen Vorteil aus der Maßnahme, Lauterburg bejahte ihn.

Auf Empfehlung des Landkommissariats zahlte schließlich Berg die Kosten, um den Berger Pächtern und Nutznießern der Grundstücke die angedrohte Pfändung der Früchte zu ersparen. Doch die Zahlung durch Bürgermeister Braun erfolgte nur unter ausdrücklichem Vorbehalt. Er fühlte sich im Recht, kämpfte um dieses Recht, und erhielt auch nach drei Jahren sein Recht. Am 12.11.l859 hat nämlich der Prefekturrat von Straßburg die Rechtsauffassung des Berger Bürgermeisters bestätigt und die Rückzahlung der Summe an die Gemeinde verfügt.

Liest man die Rekursschrift von Bürgermeister Braun aus 1858, darf man heute noch stolz sein, im vorigen Jahrhundert einen so tüchtigen Bürgermeister gehabt zu haben.

Der Gänse-, Vieh- und Schweinehirt

Neben einem Vieh- und Schweinehirt gab es in den Jahren 1860 ff. auch einen Gänsehirt. § 24 des Ortsbeschlusses lautet: „An Sonn- und Festtagen, desgleichen während der Zeit, wenn der Gänsehirt zur Weide führt, ist es verboten Gänse auf den Ortsstraßen umherlaufen zu lassen.“ Ein späterer Ratsbeschluss vom 20.6.1860 ging einen Schritt weiter und verfügte, dass Gänse nur noch innerhalb des Gehöftes gehalten werden dürfen, also ohne Auslauf. Dieser Beschluss hatte einen diplomatischen Hintergrund, den man heute als Bauernfängerei bezeichnen würde. Der Gemeinderat wollte nämlich mit ihm bezwecken, dass die Gänse in größerer Zahl als bisher zur Herde getrieben und dadurch der Gemeindegänsehirt besser finanziert werden konnte.

Baumpflanzungen an den Straßen

Im vorigen Jahrhundert war es eine gesetzlich angeordnete Pflicht, dass die Grundstückseigentümer auf ihren an die Straßen aufstoßenden Feldgrundstücken Obstbäume oder Wildbäume anpflanzten. Fehlende oder abgestorbene Bäume mussten von Fall zu Fall durch Neupflanzungen ersetzt werden. Angelegte Kirschbaumalleen sollten nach und nach eingehen und Nussbaumalleen bevorzugt werden. Von Berger Straßenangrenzern mussten z. B. neu bepflanzt werden: 1832: 16 Bäume, 1844: 8 Bäume, 1857: l7 Bäume und 1860: l2 Bäume.

Weiße Weste des Bürgermeisters

Anlässlich der Erweiterung des Berger Friedhofes hatte Bürgermeister Braun Interesse an dem abgehobenen Rasen des neuen Mittelweges. Der Gemeinderat hat diesem Wunsche, schon als anerkennende Gegenleistung für seine persönliche Mühen um die Gestaltung des Friedhofs, gerne entsprochen, aber er legte Wert auf eine niederschriftliche Beurkundung dieses lediglich Ein-Taler Geschenkes im Protokollbuch, um etwaigen Eventualitäten in der Sache, sowohl für jetzt als auch in der Zukunft vorzubeugen. Ohne Zweifel hat der Gemeinderat der weißen Weste seines Bürgermeisters große Bedeutung beigemessen und nach außen hin eine saubere Verwaltung demonstriert,

Testament des Pfarrers Müller

Im Testament vom 17.9.1857 hat Pfarrer Müller Daniel, verstorben am 26.2. 1862, seine Nichte Maria Anna Rübenacker zur Universalerbin eingesetzt. Das kath. Waisenhaus Landstuhl erhielt vorweg 150 Gulden und der Kirche, in der er sterben werde, vermachte er eine Stiftung über 50 Gulden als Anniversarium (Jahresgedächtnis) außerdem seinen silbernen Kelch und die Stola, Seine Nichte selbst bezog aus der Gemeindekasse den von Pfarrer Müller bis zu seinem Tod noch nicht abgehobenen Monatsgehalt von 14.26 Gulden.

Herstellung der zwei Seitenaltäre

Die beiden Seitenaltäre der zweiten Kirche stammen aus dem Jahre 1862. Lieferant war der Bildhauer Wilhelm Ulrich aus Kandel. Herstellungspreis 487.35 Gulden. Auftraggeber war die Gemeinde.

Ausgabenwirtschaft der Gemeinden

Finanzwirtschaftlich unterstanden die Gemeinden einer äußerst strengen Kontrolle der Aufsichtsbehörden. Es gab grundsätzlich keine nachträglichen, sondern nur vorherige Genehmigungen für Haushaltsüberschreitungen. Selbst Bagatellbeträge von 30 Kreuzer (= 1/2 Gulden) bedurften der vorherigen Zustimmung. So anno 1863. Heute ist der Gemeinderat für Haushaltsüberschreitungen allein zuständig. Das alte Regulativ könnte zwar bei den heutigen Verhältnissen nicht mehr praktiziert werden, doch hin und wieder könnte es aber auch nichts schaden.

Traghimmel für die Kirche

Der Anschaffung eines neuen Traghimmels für die kath. Kirch ging, wie es der Ratsbeschluss vom 9.12.1863 beweist, eine zwei Seiten umfassende Begründung voraus. Einmal, so heißt es, war der alte Traghimmel 43 Jahre alt und farblos abgeschossen, zum andern passte er wegen seines Aussehens, im Gegensatz zu den neu aufpolierten Altären, neuen Beichtstühlen, frisch angestrichenen Bildern und Gemälden, nicht mehr in den Kirchenraum. Der 12 Kopf starke Gemeinderat hat die Anschaffung zu 125,24 Gulden einstimmig beschlossen. Wie so manches zählt auch ein Traghimmel nur noch zu den Erinnerungen.

Nachlese auf dem Feld – Kartoffelstoppeln usw.

Die Gemeinde hat im April 1863 eine strenge Ortsvorschrift über die Nachlese auf den Feldern erlassen. Das Verbot bezog sich auf das Nachrechen auf Wiesen, das Ährensammeln und Kartoffelstoppeln. Kleeäcker durften überhaupt nicht betreten werden. Beim Kartoffelstoppeln mit der Hacke durften weder Löcher gehauen noch Hügel gezogen werden.

Von den ersten Nachkriegsjahren 1945 ff. abgesehen war das Nachstoppeln in den Jahren des Wirtschaftswunders ganz eingefroren. Wie so vieles ist auch das Nachstoppeln eine typische Zeiterscheinung. die sich ganz den Gegebenheiten anpasst. So brachte die Rheinpfalz-Ausgabe vom 14.9.1976 unter „Ackergold“ einen Tagebuchbericht, demzufolge im Hinblick auf die geringe Ernte und den hohen Preis ein Kartoffelstoppeln im Jahre 1976 wieder verboten war.

Conkubinatsjagd 1863

Die Bürgermeister der 1860er Jahre waren auf einem delikaten Gebiet, dem der Konkubinate, mit einer vielleicht interessanten, im Vollzug aber wahrscheinlich doch komplizierten Aufgabe betraut. Welchen Takt dabei die Ortsorgane praktiziert haben, lässt sich aus den Papieren nicht entnehmen. In einem Fall hatte mal der Gemeinderat mitwirken müssen und den wohl spaßigen Beschluss gefasst, dass bei dem sechzigjährigen K. D. aus Kandel die Voraussetzung zu einem öffentlichen Ärgernis nicht mehr gegeben und ein Einschreiten deshalb nicht veranlasst sei. Das versteht sich heute so, dass dazumal ein 60-jähriger ein alter Baum war.

Die Tuchbleiche

Wir kennen den kleinen Flecken zwischen Wieslauter-Rheindamm und Schlettigübergang als Tuchbleiche. Die Tuchbleiche ist keine Gewann und weder Gemarkungsplan noch das Grundbuch erwähnt diesen Namen. Und trotzdem ist die kleine Wiesenfläche, derzeit eine Jungpappelanlage, bei uns die sogenannte Tuchbleiche. Nach der Überlieferung haben dort unsere Vorfahren auf dem schmalen Wiesengrund ihre selbstgewobenen Tücher im Wasser der sauberen Wieslauter gewaschen und gebleicht. Die Gemeinde hat ihrerseits diese Tätigkeit in der Weise gefördert und unterstützt. dass sie ein „Tuchblägheisel“ erbauen ließ. In einer der 8 Rechnungen wird die Tuchbleiche so genannt. Das Häusel hatte eine Größe von 4×3 Meter, einen Sockel von 0,50 cm, eine Höhe von 2,90 m, zwei Giebelseiten und war mit 700 Ziegeln eingedeckt. Das Holz dazu lieferte die Gemeinde aus dem Gemeindewald. Es war mit einer Türe und zwei Fenstern versehen und kostete ohne Material 96.10 Gulden.

Müllerbeschwerden wegen einseitiger Zollbehandlung

Die pfälzischen Grenzmühlen, unter ihnen auch die Berger Mühle, sahen sich zu einer Beschwerde veranlasst. Während der französische Zoll Lauterburg es den französischen Bauern nicht gestattete, in den pfälzischen Mühlen Früchte zu mahlen, Oel zu schlagen oder Hanf zu reiben, gewährte die Bayerische Zollverwaltung unsern Grenzbewohnern diese Vergünstigung nach drüben ohne den geringsten Anstand. Angehängte Notiz des Bürgermeisteramts für die Berger Mühle: Dadurch sind die Bayerischen Mühlen beeinträchtigt.

Leumund über eine Schenkamme

Wieder einmal musste der Bürgermeister über eine Dame einen Leumund abgeben. Fräulein Elisabeth W. wollte mit ihrer Herrschaft aus französisch Scheibemhardt als Schenkamme nach Rio de Janeiro auswandern. Bürgermeister Braun gab folgendes Gutachten ab: Da eine heimliche Auswanderung nicht beabsichtigt wird und die Interessentin weder dem Staat noch der Gemeinde etwas schuldet, ihr polizeilicher und politischer Ruf unbescholten, ihr sittlicher dagegen durch die uneheliche Geburt eines Kindes getrübt ist, so erachtet man, dass derselben ein Pass erteilt werden kann. Personalien: Größe 5 Fuß, Bart ohne, Kennzeichen sommersprossig.

Vermessung der Straßen und Eisenbahn

Wenn Sie die Waldstraße Hagenbach-Berg-Neulauterburg passieren, (heute die B 9) sollen Sie wissen, dass mit der Vermessung und Aussteinung der Fahrbahn am 12.12.1868 begonnen worden ist. Am ersten Tag wurden 19 Steine, am 14.12.1868 nochmals 12 Steine gesetzt.

Die Vermessung der Neuburger Straße begann in Richtung Neulauterburg am 21.4.1869. Am ersten Tag sind zu beiden Seiten 43 Steine gesetzt worden. Die meisten Steine erhielten an einer Seitenfläche die Buchstaben „D. St“ = wohl Distriktstraße.

Am 21.5.1875 war die Vermessung der Bahnlinie Wörth-Lauterburg im Bereich der Gemeinde Berg an der Reihe; diese Steine erhielten das Zeichen P. M. E., wohl Pfälzische Maximiliam Eisenbahn, Unter allen Steinen sind, wie es in dem Abmarkungsbuch immer wiederholt wird, die üblichen Belege angebracht worden (das sogenannte Siebener-Geheimnis der Feldgeschworenen).

Das Vermarkungswesen

Das erste Gesetz über die Vermarkung der Grundstücke ist von König Ludwig II gegeben worden im Schloss zu Berg den 16.5.1868. (Natürlich Berg bei München) Die Feldgeschworenen waren Hilfsorgane der Gemeinde und konnten, wenn die beteiligten Nachbarn unter sich einig und die Grenzen zwischen den Eigentümern unbestritten waren, kraft eigener Zuständigkeit Grenzabmarkungszeichen setzen. In den ungeklärten Fällen musste auch damals schon der Vermarkung eine Vermessung vorausgehen. Die Verpflichtung der Feldgeschworenen auf das Siebener-Geheimnis geschah auf Lebensdauer. Einst bestand das Siebener-Geheimnis auf einer gewissen Anzahl von Steinchen unter dem Grenzstein, „bei deren Legen oder Suchen“ die Privatpersonen sich zu entfernen hatten. Dies alles wurde in dem eigens geführten Abmarkungsbuch durch den Feldgeschworenen-Obmann gewissenhaft protokolliert.

An Stelle der Steinchen sind heute andere Zeichen getreten, doch das hystorische Siebener-Geheimnis der Feldgeschworenen gibt es nach wie vor.

Straßenbeleuchtung

Wie dunkel es im Jahr 1869 in unserer Gemeinde war, verrät das Sitzungsprotokoll des Berger Gemeinderates vom 9.6.1869, betreffend die Einführung der Straßenbeleuchtung in Berg. Nachdem der Gemeinderat eingesehen hat, dass bei dem „starken Verkehr in den Straßen“ durch die morgens und abends je ein Postomnibus fuhr, etwas für die Straßenbeleuchtung geschehen müsse, hat er die Montierung von 7 Straßenlaternen beschlossen. Lieferant war die Fabrik Beutemüller u. Co. aus Bretten/Baden. In der weiteren Formulierung heißt es, dass die Laternen sehr schön seien, gut passen würden und in jeder Beziehung dem Beleuchtungszweck vollkommen entsprechen. Die Kosten beliefen sich auf 100.25 Gulden. Die Laternen haben nur in den Monaten Oktober April geleuchtet uns waren in der übrigen Jahreszeit aber außer Betrieb. Für das Anzünden hat der Laternenmann im Jahr 1876 eine Vergütung von 35 Mark erhalten.

Berger Kriegstagebuch 1870

In einer übergroßen Kataster-Mutterrolle alten Formats lag ein gar nicht da hineingehörendes, in Listenform angelegtes Kriegstagebuch. Es hat sich gelohnt, das vereinsamte Papier herauszunehmen und in sein Inneres zu schauen. In schwungvol1er Beschriftung lautet die Titelseite:

„Gemeinde Berg. Tagebuch über die Einträge aller in der Gemeinde Berg während des Krieges 1870 vorkommenden außerordentlichen Ereignisse, Angefangen am 15. Juli 1870“

Zunächst wollten die Aufzeichnungen nicht gebracht werden. Einmal deshalb, weil es besser zu sein scheint, einen Krieg, welchen Couleurs auch immer, eher zu ächten als zu preisen; zum anderen, weil wir gerade an der Grenze eine erhöhte Sorgfaltspflicht haben, gefühlsverletzende Erinnerungen aus falschem Ehrgeiz nicht wachzurufen. Wenn trotzdem die einer Veröffentlichung entgegenstehenden Bedenken fallen gelassen worden sind, dann aus der Erkenntnis heraus, dass es sich bei diesem Tagebuch um eine gerade in diesen Tagen 106 Jahre alt gewordene Aufzeichnung handelt und diese nichts anderes als ein Teil der Berger Chronik sein will, von der wir übrigens vom Hörensagen doch das eine oder andere schon wissen. Lassen wir aber das Kriegstagebuch selbst sprechen:

„Freitag, 15. July: Bekanntwerden der Kriegserklärung Frankreichs gegen Preußen.

Samstag, 16. July: Gerüchte von Militärbewegungen in Baden, Pfalz und Frankreich.

Sonntag, 17. July: Nachmittags zwischen 3 und 4 Uhr kam eine und zwar die erste Patrouille hierher, bestehend aus 6 Mann bad. Dragoner, auch bayer. Chevauxleger.

Montag, 18. July: Die Patrouillen und Recognoszierungen (Erkundungen) gingen häufig fort: Dragoner, Chevauxieger u. badische Fußgänger (Grenadiere) welche bei der heißen Witterung abgemüht, durstig und hungrig waren. Die Bewohner Berg’s brachten Bier, Wein, Brandwein, Kaffee, Brot und Milch heraus auf die Straße für Posten und Lager, wofür die Soldaten recht dankbar waren. Auch Wasser, Stroh und Hafer wurde durch die Gemeindeverwaltung dahin besorgt.

19-23. July wie am Montag. (Dieser Tage sollen in Scheibenhardt 3-4 Douanier gefaßt und 2 Pferde von französ, Gendarms abgeholt und nach Karlsruhe gebracht worden sein.)

Sonntag, 24. July: Heute ritt eine Patrouille von 6-10 Mann Dragoner unter dem Gottesdienst nach Lauterburg, öffneten das Thor und zerstörten den Telegraphen in Lauterburg. Die Predigt hörte auf und die Leute strömten aus der Kirche nach Hause, Niemand in Lauterburg widersetzte sich.

Dazu zwei zeitgenössische Kommentare:

1. Diese Patrouille vom 24. Juli wurde von dem später geadelten (Graf) Zeppelin ausgeführt. Er selbst sagt in „Sein Leben nach eigenen Aufzeichnungen und persönlichen Erinnerungen“: Ich wünschte einen Offizier und drei Leute auf möglichst guten Pferden, Ich fand, als ich am 24, Juli früh von Durlach nach Hagenbach kam, 4 Offiziere und sieben Dragoner, die ich alle mitnehmen mußte“

Im Schirlenhof bei Woerth/Elsaß, wo er mit seinen Leuten Rast machte, kam es zu einem lebhaften Gefecht mit einer feindlichen Reiterabteilung (Landesarchiv Stuttgart).

2. Unter Geschichtliche Erinnerungen brachte die Tageszeitung „Le Nouvel Alsacien“ aus Straßburg am 14/15. Juilett 1970 über das gleiche Ereignis folgenden Artikel:, „Graf Zeppelin entfloh durch ein Küchenfenster. Noch bevor die eigentlichen Kampfhandlungen im Elsaß begannen, unternahm am 24. Juli ein württembergischer Dragonerrittmeister, Graf Zeppelin (der spätere Erfinder des lenkbaren Luftschiffs) einen tollkühnen Streich. Mit vier Offizieren und drei Dragonern sprengte er im Galopp durch die Ortschaft Lauterburg, an den verblüfften Douaniers und Gendarmen vorbei, zerstörte die Telegraphenleitungen nach Weißenburg und leerte die Briefkasten. Über Trimbach gelangte der Trupp nach Hunspach, wo übernachtet wurde; dann ging es weiter über Sulz unterm Wald bis zum Schirlenhof hinter Wörth. Dort wurde die Patrouille von inzwischen alarmierten Chasseurs a cheval nach kurzen Kampf überwältigt. Hier gab es auch die ersten Toten des Krieges: französischerseits fiel der Marechal-des-Logies Pagnier und auf deutscher Seite der Dragonerleutnant von Winsloe. Graf Zeppelin rettete sein Leben durch einen Sprung durchs Küchenfenster der Wirtschaft. Er entfloh auf einem erbeuteten Franzosenpferd durch den Wald von Obersteinbach und gelangte wieder heil über die Grenze.

Montag, 25. July: Patrouillen und Besetzung der Vorpostenkette vom Bienwald bis an den Rhein. Mehrere hohe Offiziere aus Baden, Bayern und Württemberg ritten hier durch gegen Lauterburg, über die Grenze und sollen bis Hagenau, Straßburg gekommen sein; später hörte man, daß sie zwischen Hagenan und Bitsch bei Niederbronn gefangen, einer erschossen und einer zurückgekommen sei.

Dienstag, 26. July: Dragoner, Chevauxleger und Fußgänger patrouillieren immer fort. Ein Zug Dragoner, 1/2 Komp. Fußgänger. gegenüber die Wörrbrücke, sprengten teils über die alte Lauter und zogen über den Salmenwörr, nahmen den hiesigen Bürger Max Worst vom Acker weg, der ihnen den Weg nach Lauterburg zeigen mußte.

Zu gleicher Zeit ging ein anderer Zug über Scheibenhardt und ein dritter Zug zum Thor hinein nach Lauterburg und sollen an 300 – 400 Mann gewesen sein. Die Thore wurden geöffnet und dort gerastet. Wein, Bier, Brot, Zigarren 5000 Stück verlangt und davon der Mannschaft ins Lager bei Berg und Hagenbach übergeben. Nach einer Stunde zogen sie wieder zurück ins Lager bei Berg, links über der Heßbach. Der Gemeinderath und der Ortsvorstand in Lauterburg sollen willfährig gewesen sein und der Rittmeister der Deutschen soll ihnen 2 Rollen Geld übergeben haben.

Mittwoch, 27, July: Patrouillen, wie jeden Tag,.Ein Offizier aus Baden ritt auf den Kirchberg, übersah das Feld und ließ sich auf den Kirchturm führen.

Donnerstag, 28. July: Tägliche Patrouillen. Nachmittags kamen 4 Mann Wache auf den Kirchturm.

Freitag, 29. July: Patrouillen und Turmwache. Das gesammelte Weißzeug wurde unter der Leitung von Fräulein Bataille von hier zu Verbandsmitteln aller Art verarbeitet und durch mehrere Schulkinder Charpie gezopft.

Samstag, 30. July: Patrouillen und Turmwache. Charpie, Binden usw. gemacht.

Früh 7 Uhr sollen durch zwei Patrouillen der französischen Chasseur die Grenzen bis Lauterburg bestrichen worden sein. Eine Patrouille 15 Mann, zweite Patrouille 30 Mann zu Pferd.

Sonntag, 31. July: Patrouillen und Turmwache wie jeden Tag. Drei badische Dragoner ritten bis Mothern und fangen einen französischen Chasseur im Hohlweg bei der Ziegelhütte.

Montag, 1. August: Keine Turmwache, Preußische Infantrie und Cavallerie löst die badische und Bayerische hier ab und diese zogen zurück. Schon 2-3 Tage sah man preußische Husaren und Dragoner durchreiten. Eine Patrouille von 7 Husaren und Dragonern ritten bis Winzenbach und sollen dort 3 französische Vorposten geschnappt haben; sie selbst aber verloren 1 Pferd.

Dienstag, 2. August: Erste preußische Turmwache. 7 Uhr früh bis 8 Uhr abends Grenze und bis nach Seltz gekommen sein. Um 3 Uhr meldete der Turmwächter ein Gefecht zwischen Lauterburg und Scheibenhardt. was sich jedoch als nichtig herausstellte. Abends 7 Uhr Bekanntmachung, daß die Ziegel- Auer- Bitz- und Mühlbrücke von 6 Uhr abends bis 6 Uhr früh abgetragen werden müssen und die Passage gesperrt wird. 11 Uhr Abend sollte in der Schul Platz für 20 kranke Soldaten bereitet werden, die aber nicht eintrafen. Ankunft frischer Truppen, für welche nach 11 Uhr Stroh, Wasser, Heu usw. beigeführt werden mußte.

Mittwoch, 3. August: 7 Uhr Wache auf dem Turm. Starkes Patrouillereiten nach Lauterburg, Mothern, Winzenbach und Seltz wo französische Vorposten waren, die sich aber zurückzogen.

Donnerstag, 4. August: Starker Regen. Von 3 Uhr früh angefangener Durchmarsch von Badischen Truppen nach Frankreich auf der Bugstraße. Einige Kompagnien kamen um 5 Uhr hierher, um Kaffe und Brod zum Frühstück zu suchen. 9 Uhr Aufstellen der Kanonen von Neulauterburg bis hierher auf der Höhe im Sandfeld.

Seit 7 Uhr starker Kanonendonner in der Gegend von Weißenburg. Drei Württembergische Dragoner-Regimente lagerten im Sandfeld bis in den Rosengarten. Viele Wagen Stroh, Holz, Wasser mußten durch hiesige Bürger in das Lager geführt werden. Nachmittags wurde gerastet. Madam Barth hatte einen General, Graf von Schöler und Zigebitz und einen Obersten, Herr Bumiller einen General von Grewenitz und Silcher im Quartier. Immer noch Zuzug von Württembergischen Truppen. 2 1/2 Regimenter lagerten sich auf der Bugstraße. Um 9 Uhr Depesche, daß die Deutschen vorwärts machen. 5 Uhr Depesche an General von Schöler, daß der Generalstab in Weißenburg Sitz genommen habe und die Franzosen 4-5 Stunden zurückgeschlagen und 32 Regimenter vernichtet seien. Am Abend lagen in hiesiger Gemarkung ungefähr 15000 Württemberger Truppen und 30000 sollen vorbei nach Frankreich marschiert sein in die Gegend von Seltz, Neeweiler, Winzenbach und bis herüber nach Weißenburg.

Hier gab es am Abend weder Brot noch Wein noch Bier. Optische Täuschung am Lauterburger Fahrt, welches der Generalstab für ein französisches hielt. Vorbereitung zum Kampf 9 Uhr morgens.

Freitag, 5, August: Morgens 4 Uhr Abmarsch sämtlicher Truppen, nur einige blieben noch zurück. Durchmarsch auf der Bugstraße von Truppen, Züge von Munition, Kanonen- und Proviantwagen ununterbrochen nach Lauterburg.

Mehrere Bediente von Offizieren ritten Pferde retour nach Karlsruhe zu, die sagten, daß ihre Herren gefallen seien. Einer hatte drei, der andere 2 Pferde. Ein Wagen mit kranken Soldaten kam an, und weil kein Arzt hier, fuhren sie sofort nach Karlsruhe.

Samstag, 6. August: Munitions- und Futterwagen fuhren immer bei, mit Bedeckung von Fußgängern und Reitern aus Württemberg und lagerten im Rosengarten und Sandfeld. Die meisten blieben über Nacht. Hiesige Bürger kamen heute wieder zurück mit ihren Wagen und Pferden vom Schlachtfeld bei Weißenburg und weiter oben, wohin sie mit Proviant fahren mußten und schon 3-4 Tage fort waren. Eine Patrouille von 3 Mann Dragoner ritt heute durch unser Dorf. Der Tagner Joseph Kraus deutete auf dieselben und sagte laut: „Das sind auch wieder von denen“. Die Patrouille hörte dies, nahm es so, als wollte er sagen. „Von denen, die wir nicht wollen“ und plötzlich abends 5 Uhr kamen 10 bis 12 Mann ans Wachthaus, wo jene 4 Holzmacher arbeiteten, um jenen Kraus zu holen. Da er aber beteuerte, daß er es nicht so gemeint habe, und der Bürgermeister ihn verteidigte, ritten sie wieder ab und ließen ihn gehen.

Abends 6 Uhr hörte man, daß die Truppen in Hagenau ihr Hauptquartier aufgeschlagen haben und noch 2 Stunden vor Straßburg stehen. Herr Mayor N. Graf von Liegnitz der am 4. August bei Herrn Bumiller hier logierte, soll jetzt als Stadtkommandant in Lauterburg sein. Morgens 4 Uhr bis gegen Mittag will man starken Kanonendonner hier gehört haben beim Westwind von Hagenau her.

Sonntag, 7. August: In der Früh wurden die Pferde geschwemmt, die im Rosengarten über Nacht lagerten seit gestern früh. Abends 6 Uhr Abzug aller Truppen und Munitionswagen aus dem Rosengarten. 8 Uhr abends Ankunft von 61 verwundeten Pferden mit badischen Soldaten von Hundstätt, wo gestern den 6. August eine Schlacht auf einem Terrain von 2 Stunden breit und ebenso lang geschlagen wurde (bei Hagenau). Nach Angaben der Soldaten wurden dort beiderseits Grausamkeiten begangen.

Montag, 8. August: Regen. Um 7 Uhr früh wurden die hierhergebrachten 61 verwundeten französischen Pferde durch hiesige Bürger unter Begleitung eines badischen Dragoners nach Karlsruhe gebracht. Abends 5 Uhr hörte man durch eine Depesche von Lauterburg, daß die Truppen vor Straßburg von Wendenheim liegen und die Stadt aufforderten, sich bis morgen früh 6 Uhr zu entschließen, daß sie sich ergeben, im anderen Falle in sie geschossen würde. Eine andere Depesche über Karlsruhe soll gemeldet haben, daß unsere Truppen um 12 Uhr heute daselbst eingezogen seien.

Um 6 Uhr abends brachte ein Oberpostbeamter aus Württemberg, von Lauterburg kommend, und von hier nach Karlsruhe fahrend, mit einer requirierten Chaise aus der Mühle von hier, die Nachricht, daß heute Abend noch 3500 Gefangene nach Lauterburg kommen und dann nach Ulm gebracht würden. Abends 10 Uhr kamen mehrere Sanitätswagen (Apotheke) hier angefahren, welche in Lauterburg nicht mehr untergebracht werden konnten, um hier zu übernachten. 46 Mann wurden einquartiert und ihre Pferde in Ställen untergebracht. Sie kamen aus Baden über Maxau.

Dienstag, 9. August: Um 8 Uhr fuhren die übernacht gebliebenen badischen Soldaten mit ihren Wagen wieder ab. Zu gleicher Zeit zogen auf der Bugstraße die 3500 gefangenen Franzosen von allen Waffengattungen, wo sich eine große Menge hiesiger Zuschauer einfand. Viele der Gefangenen machten böse Gesichter, andere zeigten sich leichtfertig oder gleichgültig bis munter. Uniform und Ausstattung ließen deutlich die schweren Kämpfe erkennen. Regen die ganze Nacht. Straßburg soll besetzt sein.

Mittwoch, 10. August: Diesen Morgen hörte man bei Rastatt und Karlsruhe starke Kanonenschüsse. Regenguß diese Nacht und den Tag über. Zwei Soldaten fuhren hier durch, um Anker in Neulauterburg zu holen zur Herstellung einer Brücke bei Seltz über den Rhein, damit das noch in Baden stehende Heer dort über den Rhein nach Frankreich marschieren kann.

Donnerstag, 11. August: Abends 6 Uhr kam ein Wagen mit Tücher, Leder und Schuhen und Kleidern beladen aus dem Schlachtfeld unter Begleitung mehrerer Soldaten gefahren, um hier zu übernachten. Am Pflug wurde derselbe in den Hof gestellt und die Soldaten teilten Schuhe und Kleider aus. Wie man hört, sollen aber von diesen Schuhen gestohlen worden sein.

Freitag, 12. August: Heute morgen wurde der Wagen fort nach Karlsruhe gefahren, Zwei Gendarmen machten Haussuchungen und haben mehrere Paare bei dem Bürger XX gefunden.

Samstag, 13. August: Heute hörte man nach einem Telegramm, das nach Kandel gekommen, daß gestern den 12. August eine große Schlacht bei Metz war, wo 20000 Tote und Verwundete gefallen, 40 Kanonen und 2 Fahnen erobert, viele Gefangene gemacht und Munition und Proviant den Franzosen genommen, Marschall Bassine und sein Corps zersprengt sei.

Sonntag, 14. August: Viele Fuhrleute fuhren heute hier durch, aus Württemberg, von der Gegend bei Straßburg und Brumat herkommend, welche sagten, daß auf 3 Tage Stillstand sei und Straßburg noch nicht übergeben sei. Die Truppen seien jedoch schon weit oberhalb Straßburg vorgerückt bis Schlettstadt.

Montag, 15. August: Maria Himmelfahrt. Heute sollen bayerische Landwehrmänner nach Lauterburg kommen zur Besatzung, da die badischen Truppen abmarschieren. Ein Brief von Karl Barth von hier, der auf einem Hof bei Straßburg liegt, bringt die Nachricht, daß heute früh 6 Uhr der Termin mit Straßburg abgelaufen sei und daß diese Stadt, wenn sie sich nicht ergibt, beschossen wird. Abschätzung der Schäden auf hiesigem Banne.

Dienstag, 16. August: Die Besatzung in Lauterburg wurde heute gewechselt; es kamen 150 Mann aus Rastatt herüber. Heute will man hier dumpfen Kanonendonner gehört haben. Aus Ponto-Mousson wird geschrieben: Generalleutnant von Alversleben ist am 16. August mit dem 3. Armeekorps westlich vor Metz auf der Rückzugsstraße des Feindes nach Verdun vorgerückt. Blutiger 12-stündiger Kampf und trotz Überlegenheit des Feindes Behauptung des Schlachtfeldes. Verluste auf beiden Seiten sehr bedeutend. Generale von Doring und von Wedell gefallen, Rauch und Gunter verwundet.

Mittwoch, 17. August: Der französische Prinz soll in London sein und die Kaiserin von Frankreich sich einrichten, durch hergerichtete Dampfboote nach England zu fliehen. In Paris soll es sehr unruhig sein. Alle Deutsche sollen aus Frankreich ausgewiesen werden. – Viele preußische, bayerische Truppen ziehen immer noch über Baden und Pfalz nach Frankreich. Die deutschen Truppen sollen schon nach Bar-le-Duc vorgerückt sein.

Donnerstag, 18. August: Heute sollen die Straßburger einen Ausfall gemacht haben, aber dabei 3 Kanonen und mehrere Soldaten verloren haben, die die Belagerer abgenommen und nach Karlsruhe geschickt haben. 12 – 9 Uhr des Mittags: Bivonac bei Kerzenville. Die französischen Truppen wurden vollständig geschlagen, nach Metz gesprengt und von der Verbindung mit Paris abgeschnitten.

Freitag, 19. August: (Ohne Eintrag)

Mit dem 19. August 1870 war das Berger Kriegstagebuch beendet. Noch nicht beendet war zu diesem Zeitpunkt der Krieg. Selbst bei der Kaiserproklamation am 18. Januar 1871 haben die Kanonen noch weiter gedonnert.

Aus Berg sind in diesem Krieg 3 Männer gefallen.

Für Deutschland war es der letzte gewonnene Krieg. Welch großes Glück für Europa, daß Frankreich und Deutschland, zwei durch Kultur und Geschichte bedeutende Nachbarn, aus der blutgetränkten Vergangenheit gelernt haben, Macht und Stärke nicht auf den Schlachtfeldern zu messen, sondern als Freunde neben- und miteinander in Frieden zu leben.

Die Völker beider Staaten wollen es so.

Die Quartiertage des 1870/71er Krieges in Berg

Hat das Kriegstagebuch uns einiges erzählt, was sich in den Monaten Juli/August 1870 rings um Berg abgespielt hat, so will mit diesem Beitrag weiter darüber berichtet werden, wie sich der Verfahrensablauf zwischen der Bevölkerung, vertreten durch die Ortsbehörde und den Abrechnungs-Intendanturen der zivilen Verwaltung vollzog. Gemeint sind die Quartierleistungen unserer Gemeinde.

Die Kriegstage müssen in Berg quicklebendig gewesen sein; denn Berg war im Aufmarsch der Truppen in dem Dreieck Rhein-Grenze-Bienwald der letzte deutsche Ort gegenüber dem französischen Lauterburg. Die mit erstaunlicher Genauigkeit, aber wie wir gleich hören werden, doch nicht beweiskräftig genug geführten Quartierlisten weisen aus, daß in dem damals kleinen Berg in der Zeit vom 25.6. bis 30.6. 1870 insgesamt 716 Mann einquartiert waren. Weiterhin

am 6.Juli l870 347 Mann und 373 Pferde,
am 7. Juli 1870 492 Mann und 200 Pferde,
am 9.Juli 1870 396 Mann und 1 Pferd,
am 10. Juli 1870 441 Mann ohne Pferde,
am 14. Juli 1870 173 Mann und 113 Pferde.

Bei dem beengten Wohnraum der meist kinderreichen Familien muß wohl die Unterkunft so gesehen werden, daß schon von der sommerlichen Jahreszeit her, wahrscheinlich in erster Linie Scheune und Stallungen als Obdach gedient haben.

Zählt man hinzu, dass auch im freien Feld und im nahen Wald zwischen Berg und Neulauterburg einige Lager eingerichtet waren und eine Kette von Kanonen standen, so kann man sich ein ziemlich naturgetreues Bild machen vom Leben und Treiben in jenen militärischen Kriegstagen in und um Berg.

Eine Evakuierung – etwa wie 1939 oder 1944 – gab es damals nicht; vielmehr ist die Bevölkerung Berg’s so wie Lauterburgs treu bei Haus, Hof und Herd geblieben.

Als es später zur Geltendmachung der Quartierkosten, erbrachter Leistungen und erlittener Flurschäden kam, ergaben sich in der bürokratischen Abwicklung praxisfremde Schwierigkeiten. Das Verfahren über Anerkennung und Auszahlung echter Quartierleistungen zog sich sehr zum Ärger der Betroffenen über Gebühr in die Länge. Die größten Schwierigkeiten entstanden aber dadurch, daß unsere Quartiergeber und die Berger Ortsverwaltung – im Gegensatz zu Frankreich – es nicht mit einer zentralen Verwaltung und militärischen Führung, sondern mit vier Militärdirektiven, nämlich mit den Bayerischen, den Großherzoglich Badischen, den Württembergischen und schließlich den norddeutschen Truppen zu tun hatten. Ansprüche wurden vielfach abgelehnt, weil zu den Leistungen oder Lieferungen die nach den Verwaltungsvorschriften erforderlichen Truppenbescheinigungen fehlten. Diese aber waren bei dem täglichen Kommen und Gehen der Truppen recht schwerlich zu erhalten; manchmal wussten die Quartiergeber und Lieferanten nur den Namen des Offiziers der betreffenden Einheit oder den kommandierenden General. Gegen diese einseitige und Nachteilige Rechtsauffassung wehrte sich Berg’s amtierender Bürgermeister Lohr mit seinem Schreiben vom 12.8.1873 an das Württembergische Kriegsministerium, in dem er auf diesen Sachverhalt bezogen aufführte: „Doch es war dies (gemeint die fehlenden Truppenbescheinigungen) vorauszusehen und ist auch leicht erklärlich. Vor allem war es bei der damals hier, hart an der französischen Grenze, allgemeinen Furcht vor einer feindlichen Invasion, verbunden mit der Verwirrung und dem Tumult, welche die Zusammenziehung von Truppen in hiesiger Gemeinde und die dadurch ständig hervorgerufenen Requisitationen herbeiführten, beinahe rein unmöglich, nach den Requirenten zu fragen. Wir erlauben uns daher die gehorsamste Bitte an das Königliche Kriegsministerium zu richten, doch ja bei der Beurteilung der Liquidationen nicht die furchtbare Situation außer Acht zu lassen in der sich zur Zeit des Biwaks der Württembergischen Division die Gemeinde Berg – kaum 1/4 Stunde von der befestigten französischen Stadt Lauterburg entfernt – befand. Dies allein wird schon für manches Dunkel den nötigen Kommentar abgeben“.

Wegen eines anderen Grundes musste ein Berger Metzger für seine 78 Pfund geliefertes Fleisch in die Röhre schauen. Verloren waren für ihn 23 Gulden und 24 Kreuzer. Stuttgarts Ministerium lehnte seine Rechnung ab mit der Begründung, dass die empfangende Abteilung eine preußische gewesen zu sein scheint. Darin kommt ganz deutlich die Inkompetenz der innerdeutschen Länder zum Ausdruck.

Neben den allgemeinen Quartierleistungen gab es eine Reihe von Sonderleistungen, die als Liquidationen, nach den Akten zu schließen, im Jahr 1874 noch nicht reguliert waren.

Eine solche spezielle Sonderleistung findet man z.B. in einer Liste von Berger Fuhrleuten, die, ohne Soldat gewesen zu sein, mit Mann und Ross und Wagen im Kriegseinsatz gestanden haben. Sie verließen mit den deutschen Truppen ihre Heimat in Richtung Frankreich. Das Verzeichnis enthält 9 Namen: Bummer Georg, Fritz Georg, Kattus Franz III, Merk Ulrich, Rihm Anton, Scherrer Ludwig, Worst Max, Scherrer Valentin III, und Worst Sebastian. Die Dauer ihres Fronteinsatzes lag zwischen 33 und 137 Tagen. Vier von ihnen haben ihre Pferde verloren.

„Klug“ hat sich das Großherzogliche Badische Ministerium aus einer ähnlichen Affaire gezogen, indem es verschiedene Schäden durch badische Truppen verursacht, nicht anerkannte, gleichzeitig aber empfahl, die evtl. berechtigte Forderung sich von der bayerischen Staatskasse ersetzen zu lassen.

Nach einer Kosten-Hauptzusammenstellung des Bürgermeisteramts vom 19.6. 1871 sind seitens der Berger Bevölkerung folgende Forderungen angemeldet und anerkannt worden:

a) Feldschäden durch Truppenverbände 6937 Gulden.
b) Naturallieferungen 1935 Gulden
c) Geleistete Vorspanne an „deutsche bzw. bayerische Truppen“ 4500 Gulden

Summa: 13372 Gulden

Diese Zahl liest sich einfach, trocken und gering. Rechnet man aber auf den Wert von 1873 zurück, dem Jahr der erstmaligen einheitlichen Reichwährung, waren diese 13372 Gulden bei einem Umrechnungskurs von 1,71 Mark je Gulden bereits eine Summe von 22866,12 Mark. Multipliziert man nun diesen Betrag mit einem Index von 20, um auf die heutige Kaufkraft zu kommen, so entsprachen die ursprünglichen 13372 Gulden immerhin einem Wert von 450000 Mark. Unter Einschluss der den Akten zufolge im Jahr 1874 noch nicht abgewickelten Nachtrags-Liquidationen kommt man eher auf eine halbe Million, eine Summe, die auch heute noch kein Pappenstiel ist.

Ein Neulauterburger namens Knapp hat es an persönlichem Mut nicht fehlen lassen und seiner Eingabe an die Bayerische Regierung vom 20.4.1872 auf Anerkennung seiner Ansprüche mit folgendem Zusatz nachgeholfen: „Wenn mich Königliche Regierung von meinem Guthaben abweist, so sehe ich, daß der Bürgersmann um sein Sach kommen kann und nicht die Versprechungen eingehalten werden, wie sie in den Zeitungen ausgeschrieben werden“. „C’est la guerre“ das ist der Krieg, sagt der Franzose und lehnt damit nach seinem Sprachschatz den Krieg ab. Wir Deutschen haben den Krieg in allen Phasen zu spüren bekommen und darum ist bei uns der „Friede“ zu einem heiligen Wort geworden.

Besitzkataster in den Gemeinden

Eine Regierungsentschließung vom 4.6.1869 hat angeordnet, dass die Besitzstandsdokumente von den Gemeinden zu führen seien. Hierbei handelte es sich um die noch heute bei den Gemeinden als Andenken lagernden Kataster-Mutterrollen.

Seit dem 1.1.1900 wird der Haus- und Grundbesitz mit den dazu gehörigen Belastungen, Hypotheken, Rechten usw. peinlich genau von den Grundbuchämtern geführt. Im Elsass ist es, wie früher in der Pfalz, auch heute noch so, dass zum Beispiel die Stadt Lauterburg die Mutterrolle weiterführt. Will also ein Lauterburger rasch seinen Besitzstand erfahren oder gar einen Grundbuchauszug, geht er den kürzeren Weg zum „le maire“ und spart den weiteren Weg nach Weißenburg.

Abwehrmaßnahmen gegen die Rinderpest

Die Grenze stellte an die Gemeinde schon immer zusätzliche Anforderungen. In ihrer Eigenschaft als Grenzort wurde sie 1871 mit einem besonderen Einsatz in die Pflicht genommen. Gegen die Rinderpest musste sie an der Neulauterburger Grenze eine Desinfektionsanstalt einrichten und zu deren Bedienung drei Wärter stellen. Von den der Gemeinde entstandenen Unkosten in Höhe von 1211.08 Gulden hat sie nur 864.40 Gulden vom Land als Ersatz zurückerhalten.

Besitzstreit Gemeinde – Kirche

Ungeklärte Eigentumsverhältnisse an zwei Grundstücken führten zwischen Gemeinde und Pfarrei zu einer mehrjährigen Spannung. Die kampfbetonten Verhandlungen begannen am 30.1.1872 und zogen sich hin bis zum 5.2.1876. Schuld daran waren die unsicheren Begriffe über Eigentum, Nutznießung und Pfarrgut. Im Verwaltungsstreitverfahren erging schließlich am 13.4.1872 durch das Bezirksamt Germersheim ein Rechtsbeschluss mit der Entscheidung, dass die Gemeinde Berg als Eigentümer der zwei strittigen Grundstücke festgestellt, die Kirchenverwaltung aber hinsichtlich ihrer seit 1745 bestehenden Nutznießung auf den Zivilrechtsweg verwiesen wurde. Die Kirche hat indessen in der Rechtsfindung nicht locker gelassen und 1875 tatsächlich auch eine Amtsurkunde über das 120 Jahre alte Pfarrgut entdeckt. Es wurde in Briefen, Stellungnahmen und Gegenäußerungen weiterhin alles mobilisiert und das blieb nicht ohne Folgen.

Bereits Anfang 1873 ist Bürgermeister B. Henrich zurückgetreten. Es gab viele erregte Gemüter. Bezirksamtmann von Moers ist selbst nach Berg gekommen und hat an der Ratssitzung vom 25.3.1873 teilgenommen, um, wie es in dem Beschluss heißt, Ruhe und Frieden wieder zu festigen. Pfarrer Frank als Fabrikratsvorsitzender von 1875 appellierte an den Gemeinderat: „Ich denke, die meisten Gemeinderäte werden das 7. Gebot noch nicht vergessen haben.“ Diesen Tadel und andere Beschuldigungen hat er laut Erklärung vom 5.2.1876 zurückgenommen. Der Kirchenfabrikrat als Mitunterzeichner eines kirchenrätlichen Beschlusses erhielt einen ernsten Verweis. Das Ganze erhält dadurch einen kuriosen Akzent, dass einige Mitglieder beiden streitenden Parteien angehört haben, Schließlich kam grünes Licht, eine Art Rehabilitierung von der Gemeinde her. Sie bestand darin, dass der Gemeinderat unter Führung des Bürgermeisters Lohr den Pachtwert der Grundstücke, die der frühere Gemeinderat an sich gezogen und verpachtet hatte, ab 1877 mit Einwilligung der Aufsichtsbehörde wieder an die Pfarrei zurückvergütete. Wahrscheinlich ist später auf der Basis eines vernünftigen Kompromisses eine für beide Teile zufriedenstellende Einigung salomonischer Prägung zustande gekommen: Die Kirche erhielt das eine Grundstück Pl.Nr, 864 zu 18,10 ar, die Gemeinde die andere PI.Nr, 478 zu 30,90 ar zugesprochen. Dabei blieb es und so ist’s noch heute.

Kältegrade April-Mai 1874

Folgt man einem Zirkular-Rundschreiben des Landkommissariats Germersheim vom 8.5.1874 müsste es in den Monaten April-Mai 1874 bei uns sehr kalt gewesen sein. In diesem Zirkular heißt es: „Die kalten Tage des Monats April und des laufenden Monats sind in der Chronik zu verzeichnen und anzugeben, welchen Schaden und an welchen Früchten die Kälte angerichtet hat.“ Weil unsere eigenen Akten darüber nichts aussagen, haben wir uns an den Wetterdienst Neustadt/Weinstr. sowie an das Zentralamt „Deutscher Wetterdienst Offenbach/Main“ gewandt. Von beiden die Nachricht, daß für diese Tage keine Wetterbeobachtungen vorhanden sind. Wenn aber die damalige Kreisbehörde ein so spezielles Cirkular herausgegeben hat, muss doch auch etwas dahinter gestanden haben!

Geländeverkauf an die Maximiliansbahn

Am 1. Mai 1875 hat der Berger Gemeinderat an die pfälzische Maximiliansbahn zum Bau der Bahnstrecke Wörth-Maximiliansau und Wörth-Lauterburg folgende gemeindeeigenen Flächen verkauft:

1. In der Gemarkung Pfortz 61 7/10 Dezimale zu 1110 Gulden und 36 Kreuzer aus dem Berger Besitz in Pfortz.
2. In der Gemarkung Berg 185 6/10 Dezimale zu 2065 Gulden und 12 Kreuzer.

Hausbürgermeisterei

Am 10.2.1875 hat das Germersheimer Bezirksamt an seine ihm unterstellten Bürgermeisterämter folgenden Appell gerichtet:

„In einigen Gemeinden ist es mißbräuchlich geworden, daß die Bürgermeister zu Hause die Geschäfte abmachen und nur ausnahmsweise das Gemeindehaus besuchen. Die Gemeindeordnung weist den Bürgermeistern eine solche Menge von Pflichten zu, daß es notwendig erscheint, wenigstens eine Stunde im Tag dem öffentlichen Dienst zuzuwenden und diese eine Stunde muß dann auf dem Gemeindehaus verbracht werden. Ich erwarte, daß ich für die Folge keine Klagen mehr entgegenzunehmen haben werde, die den Pflichteifer des betreffenden Ortsvorstandes in einem sehr bedenklichen Licht erscheinen lassen.“

Mangelhafte Schulbildung der Rekruten

Das Musterungsergebnis von 1875 gab dem königlichen Bezirksamt Anlass, die Bürgermeisterämter und Ortsschulkommissionen auf die mangelhafte schulische Bildung vieler Rekruten hinzuweisen. Im Bezirk Germersheim waren es bei 172 Rekruten 16 Mann oder 9%. „Sie wollen mir nun benehmlich mit dem Herrn Ortsschulinspektor über die Gründe der fraglichen Mangelhaftigkeit berichten“. So der Auftrag an die Bürgermeistereien. Einer der Rekruten nach der Ursache befragt, gab an: „Ich habe vom 7. bis 9. Jahr die Schule besucht, von da an aber wegen meiner Verwendung als Schweinehirt vom Besuch der Schule abgehalten gewesen.“ Dieser Rekrut war kein Berger.

Erster Kirchendiener

Nachdem die Lehrer des Kirchendienstes förmlich enthoben worden sind, kam es mit Gemeinderatsbeschluss vom 27.10.1876 zur Anstellung des ersten Kirchendieners; es war Jakob Sertel. Sein Jahreslohn betrug 102 Mark und wurde finanziert mit 25 Mark aus der Kirchenkasse, 57 Mark aus der Gemeindekasse und 20 Mark für das Aufziehen der Gemeindeuhr.

Wiederherstellung von zwei Bützbrücken

Im Mai 1876 mussten die zwei Bützbrücken über die Lauter neu hergestellt werden. Die alten sind durch das 1876er Hochwasser fortgeschwemmt worden. Lohnkosten für 25 Tage Zimmermannsarbeit 94,50 Mark, das Holz hat die Gemeinde gestellt. Erbauer war der Zimmermann Michael Weiland II. Hagenbach.

Ärztliche Betreuung

Wortlaut des Gemeinderatsbeschlusses vom 19.3.1875:

„In der heutigen Sitzung, in welcher der Gemeinderat in pleno versammelt war, wurde einstimmig beschlossen, vom 1.1.1876 ab hin einen Armenarzt aufzustellen und zwar in der Person des praktischen Arztes Dr. Herrmann von Hagenbach für und um die Summe von 200 Mark per Jahr und zwar unter der Bedingung, wenigstens 1 mal in der Woche sich hierher zu begeben.“ Dazu kann man nur sagen: Ihr armen Kranken von 1876.

Die „Gute alte Zeit“

Von der guten alten Zeit wird immer wieder gesprochen und geschrieben. Von dem Glauben ausgehend, sie sei es gewesen, schließt dies nicht ein, dass unsere Ahnen wirklich Englein waren. Darüber drei illustrierte Aktenvorgänge:

1. Das Gemeinderatsmitglied Bummer hat sich am 5. Dezember 1876 an Seiner Wohlgeboren, Herrn Amtmann von Moers gewandt und angezeigt, dass der Feldschütz Burg seine eigentlichen Gemeindeaufgaben vernachlässige, dafür aber auf dem Acker des Bürgermeisters Arbeiten verrichte. Möglich, dass die Meldung etwas übertrieben war. Darüber vom Bürgermeister unterrichtet, ließ sich der Feldhüter im Wirtshaus dem Ratsmitglied gegenüber zu dem Ausdruck hinreißen: Du kannst mich mit Respekt zu sagen am , , , lecken. Aus Ärger gegen den Bürgermeister ist Ratsmitglied Bummer einige Mal den Sitzungen fern geblieben. Wer jetzt glaubt, der Feldschützer erhielt für seine Feldarbeit oder Beleidigung eine Rüge, der irrt. Germersheim entschied so: Den Bummer in der Folge schriftlich zu den Sitzungen einzuladen und ihn nach dreimaligem Ausbleiben nach Art. 95 der Gemeindeordnung zu entlassen.

2. Der böse Schullehrer Michael George. Nach Maßgabe einer „Schultabelle“ vom 13. Januar 1818 wurde der Zustand des Schulhauses beschrieben und der amtierende Lehrer M.G. beurteilt. Der Schulinspektor, Pfarrer Krämer und Bürgermeister Duderstadt stellten ihm dieses Zeugnis aus: Er ist verheurathet und hat sieben meist unerzogene und ungezogene Kinder. Hinsichtlich der Methode ist er der reine Abdruck eines Gregorius Schlaghart und für eine bessere Methode bereits zu steif. Sein Fleiß in besagter Methode ist überhin Augendienst und Zwang. Seine moralischen Gebrechen sind Zorn und Liebe zum Trunk. Sein physisches Gebrechen ist Hypochondrie, an der er bald mehr, bald weniger kränkelt. Er hat jedoch etwas Verdienst um den Volkskirchengesang als Organist für eine Landkirche, ist übrigens durch seine geheimen Konventikeln als Verbreiter des Aberglaubens und einer besonderen Sekte suspekt.

3. Ein anderer Lehrer, ein guter Mann namens Herrmann. Er musste mit Schreiben vom 30. Juli 1823 um seinen Jahresrestgehalt aus 1822 in Höhe von 21.56 Gulden kämpfen. Dieser Betrag kam an ihn nicht zur Auszahlung, weil so und soviele Eltern das Schulgeld für die Lehrerbesoldung noch schuldig waren. Lehrer Herrmann sollte dennoch für die 21.56 Gulden quittieren, damit der Einnehmer das Lehrer-Gehaltskonto ausgleichen konnte. Lesen wir selbst, was Lehrer Herrmann nach seinem Krach mit dem Einnehmer Hartmann dazu schreibt: „Da ich mich aber dieses eine Weile zu unterschreiben weigerte, deßwegen, weil ich erstens nur 277 Gulden und 44 Kreuzer empfangen habe, und zweitens geprüft bin von vorigen Jahren, wo ich zu meinem Schaden und ihm zu Gefallen die Torheit beging und sein Begehren – gleich dem heutigen – willfahrte, glaubte er dieses Unterschreiben gehe so fort. Nun aber was geschah: „Herr Hartmann gerieth in höchsten Zorn und unter mehrmaligen Wunschausstößen von Donnerschlag in Erz Grund Boden hinein, niederste Herabwürdigung meines Karakters – meines guten Rufes – mit Sagen: Ich und mein ganz Gesindel seien von geringstem Werth und verschiedene dergleichen Flüche und Ausstöße fielen über mich her usw.

Man sieht also, auch die guten alten Zeiten hatten ihre zwei Seiten. Alle Zeiten sind immer so gut und so schlecht, wie sie von den Menschen gestaltet werden.

Hundevisitation und Hundesteuer

Die erstmalige Hundevisitation, verbunden mit einer bezirkstierärztlichen Untersuchung und gleichzeitiger Erhebung der Hundesteuer (damals Taxe genannt) fand in Berg am 22.1.1876 statt. Die Ortsbehörde kann, wie eine dienstliche Anordnung lautete, nur durch den Bürgermeister selbst oder dessen Vertreter, keinesfalls durch den Gemeinde- oder Polizeidiener vertreten sein. Die erste Hundesteuererhebung von 1876 hatte gewissermaßen einen feierlichen Zuschnitt.

Beleuchtung Lauterburg-Neulauterburg

Am 9.10.1876 hat die Stadt Lauterburg dem Neulauterburger Adjunkt Kaspar mitgeteilt, dass sie an der Brücke am Lauterburger Thor, eine Laterne anbringen werde, in der Hoffnung, dass die Gemeinde Berg für Neulauterburg nahe an der Grenze ebenfalls eine Lampe anbringen wird, die dagegen leuchtet.

Das Interesse der Grenzbeleuchtung galt den Reisenden. Lauterburg hat seinen Wunsch an Berg mit dem Respekt begleitet, dass es die seinige Laterne wieder entfernen lässt, falls Berg nicht mitzieht.

Der erste Zug durch Berg

Mit Circular Nr. 49 vom 18. Juli 1876 hat das Königliche Bezirksamt aus Anlass der feierlichen Eröffnung der Bahnlinie Germersheim-Lauterburg-Straßburg an den Bürgermeister, die Gemeinderäte und Lehrer mit Schulkindern eine Einladung ergehen lassen, diesem großen Ereignis beizuwohnen. Die erste Probefahrt mit Prominenten fand am 24. Juli 1876 statt; der erste fahrplanmäßige Zug fuhr am folgenden Tag um 12 Uhr in Germersheim ab und traf um 15.30 Uhr in Straßburg ein. Er dürfte so gegen Nachmittag 13.30 Uhr Berg passiert haben.

Zur Erinnerung an diesen hochwichtigen Tag erhielten die Kinder Brezeln. Wegen des gerade herrschenden Hochwassers waren Tanzlustbarkeiten nicht erwünscht.

Der Bau der Bahnstrecke Lauterburg-Straßburg war eine Aufgabe des deutschen Reiches, genehmigt vom Reichstag 1873.

Öffentliche Gebäude und Einrichtungen des vorigen Jahrhunderts

Öffentliche Einrichtungen, die wir benützen, haben unsere Vorfahren oft unter beschwerlichen Verhältnissen geschaffen. Wir gehen an Gebäuden vorüber, überqueren Brücken, passieren Denkmäler, fahren auf Straßen usw. ohne deren Entstehung zu kennen oder sich darüber Gedanken zu machen.

Deshalb wollen einige Zeugen solcher Art der Vergangenheit entlockt und etwas ins Licht der Gegenwart gerückt werden.

Ehemaliges Schulhaus auf dem Kirchberg

Die beiden wichtigsten Säulen in der Gestaltung des Lebens sind Erziehung und Bildung. Jugend, Schule und Bildung sind nicht voneinander zu trennen. Erste Bildungsstätte des Menschen ist die Schule.

Unserer Generation standen drei Schulen zur Verfügung. Die Schule im Metz’schen Anwesen Haus Nr. 29 in der Ludwigstraße mit seiner Außenstaffel, dann das 1972 abgerissene Schulhaus auf dem Kirchberg und schließlich der Schulneubau 1966 in der Kettelerstraße. Dem abgerissenen Schulhaus auf dem Kirchberg gilt in besonderer Weise unser Erinnern:

Der Chronist hat den Original-Bauplan aus dem Jahr 1820 gefunden. Sie können sich vorstellen, welche Freude damit verbunden war. Und weil geteilte Freude doppelte Freude ist, war dieser 156 Jahre alte Schulbauplan am Sonntag den 19.9.1976 tagsüber am Aushangkasten des Bürgermeisteramts angeschlagen.

Gefunden wurde auch der Plan über den Stockaufban vom 20.3.1872 mit dem Grundriss und den Details der Fenster.

Zufolge Beschreibung und Überschlag der Baukosten, aufgestellt durch den Baumeister Reiser des Landkommissariats vom 23.1.182l wurde eine Bausumme von 6600 Gulden vorauskalkuliert. Bei der öffentlichen Versteigerung am 1.4.1822 erhielt die Baufirma Matthias Key aus Kandel zum Mindestgebot von 6320 Gulden unter der Bürgschaft des Matthias Dreifuß aus Herxheim Zuschlag und Auftrag. In den Bedingungen ist in Ziffer 5 gesagt: „Auch wird gestattet, daß zur Maurerarbeit von den Steinen der abgebrochenen Mauer zu Hagenbach verwendet werden“.

Aus einem Revisionsbericht 1877 geht hervor, dass das Schulhaus im Unterdorf noch ohne Pissoir war. Entweder waren jene Kinder Künstler in der Wasserhaltung oder aber sie liefen an die nur in 5 Meter Entfernung vorbeiziehende Wieslauter. Wenn ja, heute wäre das ein Verstoß gegen den Umweltschutz. Die veranschlagten Baukosten beliefen sich auf 320 Mark. Übrigens zeigte sich der Bezirksamtmann in seinem Schreiben energisch, in dem er ankündigte „falls durch den Gemeinderat nichts geschieht, bestimme ich die Ausführung des Projektes“.

Heßbachbrücke über die B 9

Seit 1843 fahren leichte und schwere Wagen und Autos aller Typen über die Heßbachbrücke. Während des letzten Krieges waren es sogar Panzer, die über sie hinwegrollten. Die Heßbachbrücke ist im November 1842 gebaut worden und hat 497 Gulden und 15 Kreuzer gekostet. Auch für sie ist der Bauplan gefunden worden. Verwunderlich – die Brücke hat ohne Statik alle Lasten getragen.

Ausbau des Verbindungsweges Neulauterburg-Scheibenhardt

Die Verbindung Neulauterburg-Scheibenhardt war nicht von jeher eine Straße gewesen. Vielmehr war sie bis 1860 nur ein purer Feldweg. Es hat sich wegen dieser Straße ein Streit zwischen der Gemeinde Berg und dem Landkommissariat über Jahre hingezogen, bis es zu einem Ausbau in Form einer 7 cm starken Kieslage kam. Während Berg die Kosten auf die Angrenzer umzulegen beabsichtigte, vertrat Germersheim den Standpunkt, dass der Weg Neulauterburg-Scheibenhardt ein Communikationsweg wie jeder andere Weg für den öffentlichen Verkehr zwischen Orten sei und der Aufwand, 1030 Gulden mit allgemeinen Deckungsmitteln aufzubringen wäre. Scheibenhardts Kostenanteil von der Gemeindegrenze ab übernahm mangels Eigenmitteln die Regierung des Rheinkreises.

Armenvogt

Eine Art öffentlicher Einrichtung war 1832 die Aufstellung eines Bettelvogts, beschlossen in der Sitzung vom 16.11.1832. Des Bettelvogtes Aufgabe war, die fremden Bettler von der Gemeinde fortzuweisen und die einheimischen Bettler wöchentlich zwei mal bei den Vermögenden vorzuführen, um Gaben zu empfangen. Für seinen Dienst erhielt der angestellte Bettelvogt eine jährliche Entschädigung von 30 Gulden.

Vereidigung des Schöffenrates

Genau genommen hats der Bürgermeister mit der Beeidigung des Schöffenrates.

Die Urkunde lautete: „Actum Berg am dreißigsten Jänner achtzehnhundertzwanzig nach Weißung des Intelligensblat No des Jahres 1819 hat der unterzeichnete Bürgermeister den neu gewählten Schöffenrath zusammen berufen, um ihn als solchen zu beeidigen. Demselben wird daher folgender Eid auferlegt: „Ich schwöre vor Gott dem Allmächtigen einen körperlichen Eid seiner Majestät dem König von Beiern meinem Allergnädigsten Könige und Herrn treu zu sein, den gesetzten als Unterthan und Staatsdiner nach bestem Willen und gewißen zu erfillen, so wie ichs vor Gott, dem König und gesetzen verantworten zu können glaube. Dis alles will ich getreu befolgen so war mit Gott helfe und sein heiliges Wort“.

Der Schöffenrat war ein besonderes Gemeindeorgan neben dem Gemeinderat.

Gaststätte Bayerischer Hof, Neulauterburg

Wenn auch der Bayerische Hof, Neulauterburgs berühmte Gaststätte nicht zu den öffentlichen Einrichtungen im Sinne des Wortes zählt (in ihr war die Poststelle 2 Berg untergebracht), so hat doch auch er aus 1830 einen Vorgang aufzuweise., Das Gebäude „Bayer. Hof“ ist nämlich im Jahr 1830 abgebrannt und 1831 wieder aufgebaut worden. Der Besitzer Johann-Georg Dudenhöffer wollte es nach dem Brand nur noch einstöckig erstellen, musste es aber nach den Brandversicherungsbedingungen in den vorigen Dimensionen wiedererrichten Nach vorhandenen Unterlagen hat die Linie der heutigen Familie Burkard, die Gaststätte Bayer. Hof um 1840 erworben.

Casino-Denkmal im Walddistrikt „Rosengarten“

Das Denkmal im Rosengarten (Bienwald), dessen Standort wir alle von Kindheit her kennen, ist nach dem Krieg 1870-71 zu Ehren König Ludwig II von dem Berger Verein „Casino“ errichtet worden. Bis zum 1. Weltkrieg 1914/18 war das Denkmal und seine Umgebung eine schöne Anlage, auf der früher die Vereinsfeste abgehalten worden sind. Heute sind nur noch einige blaue Blümchen und üppig wucherndes Immergrün, wie es in einer Schulaufzeichnung heißt, die letzten Reste einer einstigen Pracht.

(Anmerkung der Redaktion: Stimmt so im Jahr 2003 nicht mehr. Nur noch ungebrochener Jungwald!)

Schießstand im Ludwigsgarten – Bienwald

Für die schießsportlichen Belange der Lauterburger Schützengesellschaft und die anderen Schießsportvereine der Umgebung hat das Bezirksamt Germersheim am 3.8.1878 im Ludwigsgarten (früher Rosengarten) eine Schießstätte für Sport- und Preisschießen genehmigt. Der Beschluss spricht von einer nachträglichen polizeilichen Bewilligung für die bereits seit mehreren Jahren existierende, jedoch nicht gemeldete Schießanlage. Eine Auflage war die, dass alle Veranstaltungen 8 Tage vorher den Bürgermeisterämtern von Berg und Büchelberg unter Bekanntgabe des Programms schriftlich angezeigt werden. Die Schießstätte war über das Jahr 1900 hinaus noch in Betrieb.

(Anmerkung der Redaktion: Der Zoll hat noch in den 50er Jahren darin geschossen.)

Sitzungstätigkeit und Fleiß der Gemeinderäte 1879-1900

Macht man sich die Mühe das Sitzungsprotokoll von 1879-1900 heranzuziehen und die Sitzungen zu addieren, so ergibt sich ein jährlicher Durchschnitt von 15 Beratungen, darunter waren auch Jahre mit 19, 22 und 23. Wohl hatten jene Gemeinderäte unter den Beratungspunkten keine nach Umfang und Bedeutung vergleichbare Maßnahmen oder Projekte unserer Tage, zumindest nicht von der finanziellen Seite her, aber gemessen an der allgemeinen Armut und am wirtschaftlichen Niveau waren die in der Verantwortung gestandenen Mandatsträger des vorigen Jahrhunderts nicht minder mit schweren Aufgaben konfrontiert. Sie kämpften damals ebenso um Brot wie gegen Not und Tod.

Jahrmärkte in Neulauterburg

Neulauterburg war früher ein geschäftlicher Umschlagplatz. Drei Jahrmärkte hatte die kleine Annexe um 1880: den Ostermarkt, den Pfingstmarkt und am zweiten Dienstag im Oktober den Gallusmarkt. Man darf sich darunter keinen Messerummel vorstellen. Es waren vielmehr ländliche Krämermärkte, die von der benachbarten Landbevölkerung aufgesucht worden sind. Zu gleicher Zeit fanden diese drei Markttage auch in dem gegenüber liegenden Lauterburg statt. Mit den Jahrmärkten waren immer in zwei Neulauterburger Gaststätten Tanzveranstaltungen verbunden. Am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben hats demnach in unserm Ortsteil nicht gefehlt. Die Gemeinde Berg selbst hat von den Händlern und Kaufleuten keine Marktstandsgelder kassiert, sondern die gesamte Marktplatzfläche Neulauterburgs auf eine 3 jährige Periode an einen Berger zum Höchstgebot öffentlich versteigert.

Bei der Versteigerung am 31.12.1887 wurde ein Jahrespachtpreis von 32 Mark erzielt. Der Pächter konnte dann auf eigene Rechnung Marktstandsgebühren erheben, jedoch war er an feste Taxen gebunden, so für einen großen Stand, auch Bordlänge genannt, 70 Pfennig; für einen Stand mit halber Bordlänge 35 Pfg; für einen Korb 10 Pfg. usw. Heute zählt Neulauterburg zu einem der wichtigsten Grenzübergänge und hat an Bedeutung gewaltig zugenommen. Auf Dich, Neulauterburg, kann Berg stolz sein.

Freudenpulver

Anläßlich des Geburts- und Namensfestes seiner Majestät des Königs hat die Gemeinde im Jahr 1881 bei örtlichen Feiern und Veranstaltungen acht Pfund „Freudenpulver“, so die Bezeichnung auf der Rechnung des Lieferanten, verschossen. Die Pulverrechnung lautet über 7,36 Mark.

Scheuerbrand in Hagenbach

Das Auffinden des Zeitungsartikels auf der Titelseite des Pfälzer Anzeigers vom 15.9.1882 über einen Brand in Hagenbach beruht auf Zufall. Obwohl dieser Hagenbacher Brand mit der Berger Ortschronik unmittelbar nichts zu tun hat, wird er doch in diesem Zusammenhang gebracht, so ein bißchen nach der Art Blick über den Zaun. Das Zeitungsexemplar selbst ist eine Anlage zu einem Gemeinderechnungsbeleg über die Verpachtung der Berger Schafweide. Wortlaut des Artikels:

Hagenbach, 14. September 1882. Am Dienstag Abend zwischen 8 und 9 Uhr wurde unsere Gemeinde durch den Schreckensruf Feuer alarmiert, Es brannte nämlich die dicht mit Getreide und Heu gefüllte Scheuer der Witwe F.J. Winter „Zum Schwanen“ dahier total nieder. Unserer rasch herbeigeeilten, gut geschulten Feuerwehr gelang es, das flammende Element nach zweistündiger Arbeit auf seinen Herd zu beschränken und somit die dicht angebauten Scheuern der Nachbarn, welche zum Teil nicht versichert waren, zu retten. Dank gebührt auch der Feuerwehr unseres Nachbarortes Neuburg, welche mit ihrem Herrn Bürgermeister Ertel sogleich zur Stelle eilte, als ein Feuerreiter die Kunde überbrachte. Wörth dagegen hat einen anderen Ton angeschlagen, als der Feuerreiter kam. „Wir sehen kein Feuer, du lügst uns an, wir gehen nicht nach Hagenbach, sagten sie und blieben ruhig daheim“.

Brauerei George

Berg war Mitte des vorigen Jahrhunderts Sitz einer Brauerei. Bis 1884 von Franz George betrieben, ist sie von diesem auf den Bierbrauer Karl-Josef Scherrer aus Hagenbach übergegangen. Auf dessen Antrag hat der Berger Gemeinderat mit Beschluss vom 19.1.1884 die ortsbehördliche Zustimmung zur Weiterführung der Brauerei mit gleichzeitigem Bierausschank erteilt, zusätzlich auch den Ausschank von Branntwein. Um bei der Prüfung der Bedürfnisfrage dem Beschluss Kopf und Fuß zu geben, haben sich die Ratsherren etwas besonderes einfallen lassen, indem sie medizinische Gesichtspunkte einbezogen und feststellten, dass sich bei den Biertrinkern der Gesunderhaltung willen der Genuss eines „Kurzen“ gebietet oder ratsam erscheinen lässt. Diese Begründung konnte das Germersheimer Bezirksamt bei seiner Entscheidung wohl oder übel nicht leicht übergehen. Die Berger Ratsbefürwortung hat vielmehr gestochen und dem Konzessionsantrag zum Erfolg verholfen.

Höherlegung der Distriktstraße Berg-Neuburg

Ohne Vergütungsanspruch hat die Gemeinde laut Beschluss vom 13.7.1884 für den Weg von Berg nach Neulauterburg eine Fläche von 1,22 ha und für den Weg von Berg nach Neuburg eine Fläche von 1,90 ha der Distriktsgemeinde Kandel zur Verfügung gestellt; daraus entstanden die späteren Straßen. – Nachdem der Distriktsrat beschlossen hatte, die Berg-Neuburger Straße im Bereich zwischen dem Bahnhof Berg und dem Roten Loch zu erhöhen und zwar auf den Hochwasserstand von 1876, hat sich der Gemeinderat Berg an den Baukosten mit einem Anteil von 200 Mark beteiligt und zusätzlich aus Gemeindegrund 250 cbm Kies zum Preis von 20 Pfennig pro cbm geliefert.

Eiserner Kassenschrank für die Einnehmerei Hagenbach

Anscheinend hat Berg auch schon früher nicht zu allem Ja und Amen gesagt. So kann mans jedenfalls lesen im Beschluss vom 19.4.1884. Es gab längere Verhandlungen um die Anschaffung eines eisernen Kassenschrankes für die Hagenbacher Einnehmerei. Die Berger vertraten die Ansicht, dass die vorhandene Geldkiste, welche bisher hinreichend Sicherheit für die darin verwahrten „Baarmittel und Werthsachen“ geboten hat, diesen Zweck auch fernerhin zu erfüllen im Stande sein wird. Also hat der Gemeinderat dem Antrag auf Anschaffung eines Kassenschrankes auf Gemeindekosten nicht beigepflichtet und eine Mitfinanzierung einstimmig abgelehnt. Auch in der Sitzung vom 9.11.1886, in der die Frage „Kassenschrank“ erneut zur Debatte stand, hat er seine Zustimmung versagt. Es waren sicherlich zugeknöpfte Ratsmitglieder, die von 1884/86, aber sie scheinen doch auch einen mannhaften Standpunkt gehabt zu haben.

Sühneversuche

Es ist amüsant, die Niederschriften über die Sühneversuche der letzten hundert Jahre zu analysieren. Fast in aller Regel waren banale Beleidigungen, Ehrverletzungen, unwahre Behauptungen und ähnliche menschliche Entgleisungen die zu einem Sühneversuch Anlass gebenden Delikte. Frauen waren nicht selten unter den streitenden Parteien.

Ein Sühnetermin, der vom 25.4.1885, hat seinen besonderen Stellenwert. Da klagt der Ratsherrr Josef Rapp gegen den Maurer Josef Scherrer, weil er von diesem mit dem Ausdruck beleidigt worden ist: „Du und der ganze Gemeinderat sind Lahmärsch“. Doch der beklagte Josef Scherrer hat im Sühnetermin eine gute, eigene Verteidigung parat. Erstens, so sagte er laut Niederschrift, könne er sich nicht erinnern, den ihm zur Last gelegten Ausdruck gebraucht zu haben, fügt aber dann hinzu: „Wenn ich ihn ganz getan hätte, würde ich ihn immer aufrecht erhalten.“ Der Beklagte hat sich aus der Affäre gezogen und zumindest bewiesen, daß es vor hundert Jahren auch schon Schlitzohren gab.

Die ersten Grabgebühren

Bereits im Jahr 1886 kostete ein Grab einheitlich 10 Mark, ohne Rücksicht, ob darauf ein Grabstein kam oder nur ein Holzkreuz gesetzt worden ist. Nach Ratsbeschluss vom 4.4.1886 war die Grabgebühr an die Kirchenkasse zu zahlen.

Die Lauterzeitung aus Neulauterburg

Neulauterburg, schon wiederholt im kleinen Blickfeld dieser Chronik gestanden, ist bereits wieder ein Quellenlieferant. Ein am 18. September 1887 unter „Vertraulich“ an das Bürgermeisteramt gerichtetes Schreiben gibt kund, dass sich im Haus Nr. 7 in Neulauterburg unter dem Herausgeber H. Hohnloser die „Lauterzeitung“ etabliert habe. Verantwortlicher Redakteur des Blattes war ein W. Butz, sein Vertreter Louis Koch. Beide wurden gemäß Pressegesetz hinsichtlich Vorleben und Parteirichtung auf Herz und Nieren geprüft.

Nach dem Stand vom 1.12.1887 hatte das Blatt eine Auflage von 513 Exemplaren, davon Pfalz 88, Elsass 410, Deutschland 8, Frankreich 2 und Amerika 5; im Jahr 1898 waren es 640 Exemplare. Später ist der Verlag nach Lauterburg umgesiedelt.

Gründung der Sparkasse „Gemeinde Berg“

Mit landräthlicher Verfügung vom 19.12.1890 ist die Sparkasse Berg gegründet und aufsichtlich genehmigt worden. Sie begann mit einer Dotierung von 1000 Mark unter Haftung der Gemeinde. Erster Kassenrechner war der Lehrer Ludwig Herrmann. Als Folge eines unglücklichen Kreditgeschäftes im Jahr 1926 geriet sie in Illiquidität und wurde 1936 – wie auch die übrigen Sparkassen – von der heutigen Kreis- und Stadtsparkasse Kandel übernommen.

Armenvermächtnis eines Ludwigshafeners

Der am 14.4.1892 in Ludwigshafen verstorbene Altberger Johannes Bummer hat mit eigenhändigem Testament zur Unterstützung der Berger Ortsarmen eine Stiftung von 1000 Mark gemacht.

Sonntagsruhe im örtlichen Handelsgewerbe

Verständnis hatte der Gemeinderat für die Berger Geschäftswelt und deren Kundschaft im Jahr 1892. Er setzte am 9. Mai 1892 für Sonntags folgende Geschäftszeiten fest:

a) für Krämer morgens von 7.00 bis 9.30 Uhr
nachmittags von 4.30 bis 7.00 Uhr (im Sommer)
3.30 bis 6.00 Uhr (im Winter)

b) für Bäcker u. Metzger morgens von 7.00 bis 9.30 Uhr
nachmittags von 3.00 bis 5.30 Uhr

Es freuten sich die Geschäfte auf jeden Kunden in diesen Stunden.

Salmbacher Kindstaufe 1894

Auszug aus der Lauterburger Zeitung vom 18.2.1894 (8.Jahrgang). Wird gebracht als eine Erinnerung für unsere Gemeindeältesten, die die Lauterburger Zeitung noch im Original gelesen haben. „Salmbach/Els. Am letzten Sonntag war hier die Kindstaufe. Es wohnte dieser auch ein Gast bei, dem die ziemlichen Portionen da er ein wenig später kam, für seinen Ulanenmagen nicht ausreichen wollten. Er kam daher auf den Gedanken, das Versäumte nachzuholen. Er ging zur Tür hinaus und stellte sich dabei, wie wenn er fortginge, schlich sich aber wieder in die Küche. Als er sich am Kamin zu schaffen machte, ereilte ihn ein Mißgeschick dadurch, daß, er einen Schinken abnehmen wollte, ihm ein anderer auf die Nase fiel, daß diese blutete. Damit noch nicht genug. Plötzlich geht die Stubentür zur Küche auf, und um der Köchin nicht in die Hände zu fallen, machte sich unser verspäteter Kindstaufgast mit Blitzschnelle aus dem Staub, wohl mit dem Gedanken an den Kochlöffel „Was nicht dein ist, das laß liegen, sonst kann die Köchin dich am Krage kriegen.“

Tanzmusiktage in Berg

Mit Beschluß vom 5.8.1896 hat der Berger Gemeinderat vier öffentliche Tanzmusike im Jahr genehmigt. Hinzu kamen die üblichen Vereinsbälle und Tanzveranstaltungen bei besonderen Anlässen. In den Folgejahren haben diese ständig zugenommen. Dem Gemeinderat waren sie zuviel. Deshalb hat er im Juli 1905 gegen die Vielzahl der Tanzveranstalungen Front bezogen. Seine Begründung: „Die Werktätigen lassen die Schulden beim Bäcker und Krämer Schulden sein und ein Bauersmann, der zwei oder drei Söhne hat, die er nicht hinter die Arbeiter zurückgestellt sehen möchte, weiß das Geld für soviele Vergnügen überhaupt nicht mehr aufzubringen; zumal in diesem Jahr (1905), wo die Landwirtschaft durch Dörre, Hagel, Mäusefraß und Engerlinge so unendlich zu leiden hat.“ Frühere Aufstellungen sagen aus, dass Berg und Neulauterburg in den Jahren 1830-1850 jährlich zusammen 10 öffentliche Tanzlustbarkeiten hatten.

Ein Neulauterburger Wirt hat 1845 im Interesse seiner Lauterburger Tänzer eine ganz großzügige Verlängerung der Polizeistunde erbeten, weil die Stadt Lauterburg bereits vor der Neulauterburger Polizeistunde das Stadttor schließe und seine jenseitigen Gäste dann nicht mehr nach Hause kommen können. Er wollte die Polizeistunde also bis zur Öffnung des Stadttores in der Frühe des nächsten Tages hinausgeschoben haben. Doch Germersheim hat mit seinem Nein dem Wirt einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Trauerparade

Anlässlich der Beisetzung eines dem Kriegerverein angehörenden Mitgliedes am 28.9.1897 wollten die Kameraden eine Trauerparade abhalten und drei Gewehrsalven abgeben. Streng müssen damals die allgemeinen Polizeivorschriften gewesen sein. Denn neben der Zustimmung durch den Gemeinderat bedurfte der Ehrenakt auch der Einwilligung des Germersheimer Bezirksamtes. Um das Ehrensalut geben zu können, musste der Abends am 27.9. gefasste Beschluss am nächsten Vormittag per Kurier nach Germersheim gebracht werden.

Berger Schweinemarkt

Auf Anregung des örtlichen Raiffeisens hat sich der Gemeinderat am 11.4.1897 mit dem eingebrachten Vorschlag identifiziert, Als Markttag wurde jeweils der erste Mittwoch im Monat festgelegt. An Marktgebühren wurden erhoben:

1. für ein Zuchtschwein 30 Pfennig
2. für ein Mastschwein 20 Pfennig
3. für ein Triebschwein 10 Pfennig
4. für ein Ferkel 5 Pfennig

Amts- und Ortsvisitationen

Vor und nach 1900 fanden durch den königlichen Bezirksamtmann jährliche Ortsvisitationen statt. An diesem Tage sind der Bürgermeister, Adjunkt, Ratsschreiber und Polizeidiener in Gala angetreten. So geziemte es sich. Das Auge des Gesetzes nahm vorwiegend die allgemeine Verwaltung, Schule, Feuerwehr, Ortsstraßen, Brunnen, Friedhof und Lebensmittelbetriebe unter die Lupe. Hier einige Zitate aus den Revisionsberichten:

1886: In der Klasse des Schulverwesers Löckel sind einige Kinder nicht mit Schiefertafeln versehen, sondern benützen an deren Stelle nur Stückchen Schiefer, wie man sie auf der Straße auflesen kann.

1887: Wie ich mich gestern überzeugte, ist der als Polizeidiener in Neulauterburg aufgestellte Wirt und Krämer zu dieser Funktion absolut nicht mehr geeignet.

1888: Die kleine Spritze konnte am Tag der Ortsbesichtigung mit Anwendung aller Kraft nicht in Gang gesetzt werden, obwohl gerade diese Spritze beim ersten Angriff von größter Bedeutung ist. Anders hört sich das Ergebnis der Feuerwehrinspektion vom 27.12.1886 an, die der Wehr ein Lob erteilte und speziell die Spritze als sehr gut bezeichnete.

1890: Für Mittwoch den 11. Juni ist der in Verpflichtung zu nehmende Berger Nachtwächter auf das Gemeindehaus nach Büchelberg zu beordern. Bei ungünstiger Witterung unterbleibt die Reise, da ich (der Landrat) diese von Hagenbach aus zu Fuß machen muß.

1891: Die am 18. August vorgenommene Visitation hat ersehen lassen, daß ein frischer Zug durch die Gemeindeverwaltung geht; der Gemeinderat mit seinem berufstreuen Bürgermeister an der Spitze kommt seinen Obliegenheiten bestens nach.

1893: Leider kommt es in Berg oft vor, daß Gemeindebürger von israelitischen Handelsleuten sich Vieh auf „Teilung“ einstellen lassen. Bei desem Betriebe arbeitet der Empfänger des Viehes fast ausschließlich zu Nutzen und Vorteil des Einstellers.

Daß dieses Unwesen noch immer Boden hat, ja statt abzunehmen vielmehr an Ausweitung zu gewinnen scheint, dürfte darauf zurückzuführen sein, daß es den kleinen Leuten an Bargeld zur Bezahlung des benötigten Viehes fehlt und falsche Scham sie abhält, in der Gemeinde ein Kapital aufzunehmen, (NB. Das Wort „Teilung“ ist so zu verstehen, daß die Viehhändler abgemagertes und abgewirtschaftetes Vieh bei den armen Bäuerchen einstellten. Diese mußten das Vieh auf einen verkaufsreifen oder zugkräftigen Stand herausfüttern, durften allerdings in der gleichen Zeit das Tier als Gespann benützen und die gewonnene Milch im eigenen Haushalt verwenden.)

1903: Lebensmittelgeschäfte jeder Art und alle zu einem solchen Betrieb gehörigen Lokalitäten müssen sich immer in einem properen ordentlichen Zustande zeigen.

Musterungstage 1900

Um 1900 haben die gemusterten Soldaten am Tage des Musterungsgeschäfts vom Bahnhof aus durch die Ortschaften einen von Musik begleiteten öffentlichen Umzug abgehalten. Die Genehmigung war an die Bedingung geknüpft, dass jedwede Exzesse unterbleiben; der Bürgermeister hatte Vollmacht, bei Ordnungswidrigkeiten die Fortsetzung des Umzuges zu verbieten.

Hebammen

Im Jahr 1900 hatte Berg zwei „besoldete“ Hebammen, Jede erhielt für ihre Dienste von der Gemeinde ein Jahressalair von sechzig Mark. Dafür leisteten sie in 38 Fällen Geburtshilfe. Im Jahr 1924 ist dieses praktizierte Tätigkeitsverhältnis gelöst worden und die Vergütung an die Hebammen weggefallen.