Schulen

Das Berger Schulwesen

Schulhausverkauf und Schulhausneubau 1739-1972

Wir kennen die Existenz von drei Berger Schulhäusern:

1. Das Anwesen Metz in der Ludwigstraße Nr. 29, erbaut 1834, anno 1855 von der Gemeinde erworben, 1906 als Schule aufgegeben.

2. Das Schulhaus auf dem Kirchberg, erbaut 1820-23 und erweitert im Jahre 1872, Abbruch 1972.

3. Die neue Schule mit Turnhalle, erbaut 1966.

Nun stoßen wir überraschenderweise auf zwei weit ältere Schulhäuser, die bis dato nicht bekannt waren. Das eine ist 1739 als „Schulhäuslein“ an einen Andreas Meyer versteigert, ein anderes im gleichen Jahr als Ersatzschulhaus neu gebaut worden Den Grundstock zur Finanzierung dieses Schulhauses bildeten 84.- Gulden Verkaufserlös aus dem alten Schulhäusel und ein mit oberamtlicher Erlaubnis aus dem Gemeinde-Almosenfond entnommener Betrag von 50.- Gulden, zusammen 134.- Gulden, die mehr als die Hälfte der Baukosten ausmachten.

Im Einzelnen weist das Rechnungsjahr 1739 folgende Ausgabenpositionen nach: „Anschlag des Bauholzes, Ziegeln und Steine, Bordlatten, Schindeln und Kalk, Maurer und Zimmermannslohn“ und schließlich das obligatorische Zehrgeld beim Richtfest. Alle Beträge zusammen ergeben einen Baukostenaufwand von 233.37 Gulden, darunter ein neuer Ofen. Offenbar war auch dieser „Neubau“ wieder nur ein Schulhäuslein wie das Versteigerte. Über die Standorte oder eine sonstige Lagebeschreibung der beiden Schulhäuslein des Jahres 1739 schweigen sich die Belege aus. Zu diesem Zeitpunkt hat es noch keine Plan-Nummern gegeben, waren Straßennamen noch nicht gebräuchlich. Wurde ein Objekt überhaupt beschrieben, dann mlt den Begriffsbezeichnungen diesseits oder jenseits, bzw. rechts oder links von Müller, Meyer usw. Aber auch dies fehlt.

Das Schulinventar 1836

A. Das Inventarium der Volksschule bestand 1836 in:
1 Lehrplan für die Volksschule in Baiern,
2 Katechismen
1 Biblische Geschichte,
2 Lesebücher,
5 litherarische Lesebücher,
6 Singhefte
1 Buch Obstbaumzucht nebst einer Tabelle
1 Vaterländische Geschichte,
5 Karten vom Rheinkreis,
2 Gründlicher Unterricht“ über Maulbeerbäume u. Seidenraupenzucht
1 Des Rheinkreises Jubelwoche“
17 Wanfibeln
32 Schiffertafeln, welche von armen Kindern benutzt wurden
100 Stück neue Lineale

B. Verzeichnis derjenigen Requisiten, welche für die Schule noch zu wünschen wären:
1 Sprachlehre
1 Naturgeschichte
1 Naturlehre, Geographie vom Königreich Baiern, nebst Landkarten Rheinkreis, Baiern, Deutschland, Europa und 1 Klobium Denkübungen.
2 Schwamme In beide Schulsaale fürs Reinigen der Fenster, Rechen und Schreibtafeln
2 Tintengeschirre für die Lehrer
90 Stück Dintengefäßer für die Schüler
2 Kruzufixe.

(Wörtlich übernommen).
Heute-1979 – ist alles da, vielleicht mehr als nötig.

Schulversäumnisse vor 100 Jahren

Ein besonderes Kapitel auf dem Schulsektor waren die Schulversäumnisse. Sie betrafen alle Klassen und ziehen sich wie ein roter Faden durch alle Schuljahre hin Immer das gleiche Bild. Ein Auszug aus den insgesamt 36 Versäumnislisten des Jahres ergibt die folgenden Versäumniszahlen:
Werktagsschule

Sonntagsschule

Vorbereitungsschule

Christenlehre
369

80

30

71

Die Ortsschulkommission hatte in zahlreichen Sitzungen und durch Anhörung der Eltern eine Menge Verwaltungsarbeit zu tun. Die meisten der Versäumnisfälle wurden mit 2 bis 4 Kreuzern bestraft, nicht selten die Eltern vor Gericht zitiert Mitunter gab es kuriose Entschuldigungen: zum Beispiel weil der Vater ins Gefängnis einrücken mußte; ein andersmal war ein bereits 16 1/2 Jahre alter Junge überhaupt nicht mehr schulpflichtig, wie sich erst in einer Schulsitzung herausstellte. Schließlich steht in der Spalte Bemerkungen: Diese Kinder sind so unreinlich, daß sich ein anderes Kind nicht daneben setzt.

Kehrbesen: Recht sauber scheinen die Schulsäle im Jahr 1856 gefegt worden zu sein. Fur den Reinigungsdienst hat ein Franz Flick aus Hagenbach am 1.9.1856 genau 100 Stück Kehrbesen zum Gesamtpreis von 2.30 Gulden angeliefert. (Wohl Pfriemen) Kein Wunder, wenn das Landkommissariat als Prüfungsbehörde einer Rechnung den Vermerk beischrieb: Ein so starker Verbrauch von Besen wird für die Folge nicht mehr genehmigt.“

Anmietung eines Lehrsaales: Mangels eigener Räumlichkeiten hat die Gemeinde in den 1850er Jahren in einem einstöckigen Privathaus einen Raum als dritten Lehrsaal angemietet. Die Jahresmiete betrug 45.- Gulden. Die Vermieterin, Witwe Juliana Kornely geb. Scherrer hat sich durch das Feueranzünden in diesem Saal eine Tätigkeit ausbedungen und dafür pro Jahr ganze 5.- Gulden verdient. An Stelle von Straße und Hausnummer wird das Mietgebäude im Vertrag nur so beschrieben, daß es zwischen Johannes Herrmann und Andreas Scherrer liegt. Nach 150 Jahren ist mit diesen Angaben der eigentliche Standort schwer zu erraten, doch soviel konnte anhand beider Namen ausfindig gemacht werden, daß es sich um eines der Anwesen Kauter Alma. Heck Karl oder Leist Werner in der Reisigstraße handelte.

Semmeln zum Frühlingsexamen: Was immer seltener wird, war 1847 eine Selbstverständlichkeit. Anläßlich des Frühlingsexamens in der Schule -wahrscheinlich Entlaßfeier-hat der Brothändler Josef Rapp an die Schule 218 Weck geliefert zum Preis von 1 Kreuzer per Stück. Im Kassenbuch wurden die Examensweck auch als Aufmunterungspreise für die Zöglinge „gegessen“.

Bitte der teutschen Schullehrer um Gehaltsverbesserung. Das Ministerium des Innern in München hat am 12. August 1846 einen Erlaß mit der Feststellung herausgegeben, daß die Gehälter der Lehrer in den Städten bereits der normamäßigen Congrua (gesetzliches Einkommen) entsprechen. Gleichzeitig empfiehlt es, auch den Lehrern auf dem Land, insbesondere den Lehrern des Kreises Germersheim die Congrua von 300.- Gulden nebst freier Wohnung zu gewähren. Allerdings heißt es dann im folgenden Absatz: Nachdem aber die öffentlichen Fond die Mittel nicht darbieten und die Gemeinden für die Gehaltsverbesserung ihrer Lehrer ohnehin schon alles getan haben, was sie zur Zeit vermögen, so müssen die Gesuche der Lehrer für jetzt unberücksichtigt bleiben.

Laut Gehaltsbogen 1846 lagen die beiden Berger Schullehrer unter 300.- Gulden. Einer bezog 285.-, der andere nur 200.-. Ein Glück, daß die Gemeinden heute mit der Congrua (Gehalt) der Lehrer nicht mehr wie 1846 belastet sind; beide wären wahrscheinlich schlecht daran. NB. Nicht umsonst das Zitat in dem Buch „Deutsche Redensarten-und was dahinter steckt“: „Frieren wie ein nackter Dorfschullehrer. Früher war der Schullehrer auf dem Dorfe der am erbärmlichsten entlohnte Mann. Das dürftige Brennholz und die geringen Lebensmittel, mit denen ihn die Bauern versahen, ließen ihn in einem unwürdigen Zustande dahin vegetieren.“

Schiülerzahl eines Lehrers (1843). Mit Petition vom 21.11.1843 hat der Schulgehilfe Andreas Lang um eine angemessene Gehaltsaufbesserung nachgesucht, die Höhe selbst der Lokalbehörde überlassen. Als Hauptmotiv führt er an, daß er 130 Kinder zu unterrichten habe. Trotz Würdigung der persönlichen und sachlichen Verhältnisse hat der Berger Schöffenrat dem Antrag nicht entsprochen, sondern nur eine einmalige Gratifikation von 30.- Gulden gutgeheißen. Da waren die Gemeindevertreter schon mehr knitz als sparsam.

Feuermachen und Spälteln des Anzündholzes. Für diese Tätigkeit und zwar für 2 Klassen, erhielt der Lehrer Herrmann im Jahre 1843 sage und schreibe 10.- Gulden, genehmigt mit Beschluß vom 22.12.1842. Doch da gab es im Winter 1876 zwischen Lehrer Herrmann, dem Lokalschulinspektor Pfarrer Frank und der Gemeinde einen kleinen Krach, den frierende Kinder der unteren Klasse ausbaden mußten. Lehrer Herrmann hat ohne Ankündigung nur noch in seinem Schulsaal geheizt. Diesbezüglich zur Rechenschaft gezogen, gab er die Erklärung ab, daß die Gemeinde ihm statt der jahrelang gelieferten 4 Ster Holz nur noch 2 gäbe. Er zog daraus die Konsequenz, für das „halbe“ Holz auch nur noch die halbe Leistung zu erbringen, das heißt, statt zwei nur einen Saal heizen zu müssen.

Bildung einer lateinischen Bezirksschule in Germersheim. Am 21.8.1829 hat das Landkommissariat an alle Kreisgemeinden ein Rundschreiben gerichtet und darin um die Gründung einer lateinischen Bezirksschule geworben. Als Sitz war Germersheim vorgesehen. Die Kosten sollten auf die Kreisgemeinden umgelegt werden. Nach dem Verteilungsschlüssel entfielen auf Berg 21.57 Gulden pro Jahr. Dafür konnte die Gemeinde einen Zögling in die Lateinschule schicken; eine Gemeinde mit einem höheren Anteil als 30.- Gulden Jahresbeitrag hatte zwei Freistellen. Der Gemeinderat hatte nicht mitgemacht und seine Ablehnung damit begründet, daß keine Familie hier sey, welche weder heute noch späterhin an der gedachten Anstalt theilnehmen würde. Offenbar hat sich Bürgermeister Franz Scherrer mit seinem Negativschreiben vom 3.10.1929 nach Germersheim nicht ganz wohl gefühlt, da er es in seinem Schlußabsatz dem Landkommissariat überließ, ja diesem sozusagen in den Mund legte. „dem Bringer (Bote) des Schreibens beim Rückgang das Weitere zu befählen“.

Prompt kam am 12.12.1929 aus Germersheim der Vorwurf, daß der Gemeinderat von Berg zu den wenigen zählt, welche noch keine beifällige Erklärung zur Bezirkslateinschule abgegeben haben. Soweit der Aktenvorgang; doch der Beleg Nr 116 der Gemeinderechnung 1830 verrät, daß auch Berg beigetreten ist und den von ihr geschuldeten Obelus mit 21.57 Gulden geleistet hat.

Schularten und Schüler 1829 : 1977. Unsere Gemeinde hatte im Jahr 1829 rund 200 Volksschüler; mit ihnen, zwei Lehrern und 2 Schulsälen war der Bildungsstand 1829 erschöpft. Wie würde wohl Scherrer als Bürgermeister von 1829 staunen über unser neues Schulgebäude mit der Turnhalle, den Einrichtungen und Ausstattungen über die Schulkinder auf Achse, Mengenlehre und so vieles andere, staunen sicher auch über die Zahl der Lernenden von heute, nämlich: 5 Studenten an Universitäten, 7 Teilnehmer an Fachhochschulen, 55 Gymnasiasten, 20 Realschüler, 155 Schüler an der Hauptschule Hagenbach und 160 Schüler an der Grundschule Berg

Privatschule in Neulauterburg. Zur großen Überraschung des Königlichen Bezirksamts hat im Jahr 1888 der Lehramtskandidat Gustav Scheidel, bis dahin Leiter der Lauterburger Privatlateinschule, im Gasthaus zum Bayerischen Hof in Neulauterburg ohne Erlaubnis eine Privatschule aufgemacht und mehreren Kindern Unterricht erteilt. In einer an die Gemeinde ergangenen Verfügung sind gegen den Privatdozent auf Grund Art. 59 des Polizeistrafgesetzbuches sofort gerichtliche Schritte eingeleitet und gemäß § 2 Ziff. II der allerhöchsten Verordnung vom 18.4.1873 die Schließung der Privatschule angedroht worden. Sicherlich ist es auch dazu gekommen.

Ausschreibung einer Berger Lehrerstelle. Man muß davon augehen, daß im vorigen Jahrhundert die Gemeinde Dienstherr und Anstellungsbehörde war. In der Regel wurde eine vacante Lehrerstelle ausgeschrieben, es mußte aber nicht sein. Nachfolgend der Text einer Ausschreibung in der Pfälzer Zeitung vom 11. Mai 1872: „Die Verweserstelle an der unteren kath. Schule zu Berg ist erledigt und wird mit einem Meldetermin bis 1. Juni nächsten Jahres ausgeschrieben. Gehalt bar 250.Gulden pro Jahr und freie Wohnung im Schulhaus; für Erteilung des Unterrichts an der Fortbildungsschule werden 30.- Gulden bezahlt. Die bisherigen Verweser erhielten eine jährliche Gratifikation von 50.- Gulden aus der Gemeindekasse, welche dem Anzustellenden bei nachgewiesenem Fleiß ebenfalls in Aussicht gestellt werden. Der Verweser hat mit den übrigen Lehrern den üblichen Kirchendienst gemeinschaftlich und unentgeltlich zu versehen.“

Anstellung des Schulverwesers Ludwig Lohr. Anstellungsbeschluß des Gemeinderates vom 25. März 1870: In Erwägung, daß Lohr seit seinem 10-jährigen Wirken als Schulverweser dahier sich das Lob und Vertrauen der ganzen Gemeinde und die Liebe seiner Schulkinder im reichsten Maße erworben hat, da derselbe in der Schule sehr fleißig und in jeder Hinsicht sich ausgezeichnet gut beträgt, in Erwägung, daß die anderen 2 Lehrer außer einem fixen Gehalt von 335.- Gulden noch den Genuß von schönen und bequemen Wohnungen mit Öconomiegebäuden und Pflanzgärten und die nicht unbedeutenden Zerualien (Getreide usw.) haben, während der Schulverweser Lohr keine derartigen Begünstigungen aufzuweisen hat, obwohl er verheiratet ist, vier Kinder zu ernähren und auch nicht die Absicht hat, sich von hier fortzumelden, wird der Schulverweser Ludwig Lohr ab 1. Januar als definitiver Lehrer mit einem jährlichen Gehalt von 350.- Gulden aus der hiesigen Gemeindekasse angestellt.

Die Sonntags- und Fortbildungsschule. Im Winter 1869 wurde für Berg die auf freiwilliger Basis besuchte Fortbildungsschule ins Leben gerufen. Sie war gewissermaßen eine Ergänzung zu der schon vorhandenen Sonntags-Pflichtschule. Die engeren Beziehungen dieser zwei Schularten waren nicht eindeutig genug zueinander präzisiert, wie man auch nicht leicht erkennen kann. welche von beiden die wichtigere war. Der regelmäßige oder zumindest fleißige Besuch der Fortbildungsschule dispensierte vom Besuch der Sonntags-Schule. Die Fortbildungsschule als Abendunterricht wurde dienstags, donnerstags und samstags von 7 – 9 Uhr (abends) abgehalten. Eine Lehrkraft erhielt dafür den Lohn von 30.- Kreuzer – ein halber Gulden.

Aufhebung der Fortbildungsschule. Als zuständiges Organ hat der Gemeinderat am 22.10.1893 die bis dahin praktizierte Fortbildungsschule wieder aufgelöst. Ein Grund war der, daß mehrere Schulpflichtige in der Falzziegelfabrik Jockgrim arbeiteten und erst gegen 9 Uhr heimkamen; der andere war, daß den Schülern – so der Beschlußtenor – durch den Besuch der Fortbildungsschule nur Gelegenheit zur Ausübung von Roheit und Unfug geboten würde und daher von einem ersprießlichen Unterricht nicht mehr die Rede sein könnte. An deren Stelle trat die in drei Abteilungen weitergeführte Sonntagsschule mit 1 1/2 stündigem Unterricht. Auch der Sonntagsschule, später in Volksfortbildungsschule umbenannt – sie wurde 3 mal umgetauft-hat man im Jahre 1936 ebenfalls endgültig das Licht ausgeblasen.

Schulläuten für den Nachmittagsunterricht. Um die Schulkinder zeitgerecht in die Schule zu bringen, beschloß der Gemeinderat auf Empfehlung des Lehrpersonals am 11.12.1892, daß jeweils vor Beginn des Nachmittags-Unterrichts ein kurzes Läuten mit der kleinen Glocke gegeben werde. Vermutlich waren viele Eltern um diese Zeit noch auf dem Feld und die Kinder sich allein überlassen. Der Läutebeschluß erging nicht einstimmig, sondern hatte offensichtlich auch Gegner. Dies beinhaltet eine diesbezügliche Eingabe des Schulleiters an den Gemeinderat, in der es heißt; „Die Weitschweifigkeit vorstehender Ausführungen wolle man damit entschuldigen, daß es der Unterzeichnete für seine Pflicht hält, die Natürlichkeit der Sache, die eine gewisse Person durchaus nicht begreifen will, recht klar dazulegen.“

Ist es Tradition, daß es zwischen Lehrer- und Ratskollegium schon immer so eine Art Kompetenz-Reflexe gegeben hat? Die Akten sprechen es aus.

Des Glockenrufzeichens bedarf es jedenfalls 1977 nicht mehr; nicht allein deswegen, weil es den Nachmittags-Unterricht längst nicht mehr gibt, sondern heutzutage jederA-b-c-Schütze als Selbstverständlichkeit seine eigene Armbanduhr trägt.

Schulgeld – Unterschiede. Im Jahr 1866 wurde unter den ortsansässigen Familien hinsichtlich der Erhebung des Schulgeldes mit zweierlei Maß gemessen. Während die Eingebürgerten befreit waren, hat man die in der Gemeinde wohnhafte, jedoch noch nicht eingebürgerten Familien mit einem Schulgeld von 30 Kreuzer je Kind herangezogen. Obwohl es in dieser Zeit in den einzelnen Rechnungsjahren eine Reihe von Geldhebelisten mit vielen Zahlungsrückständen gab, fällt auf, daß das Schulgeld von allen pünktlich beglichen worden ist. Stand etwa Druck oder Furcht dahinter?

Schulhaus-Neubau mit Turnhalle 1966

Waren wir in Berg von den letzten Jahren her schon an manche festliche Veranstaltung gewöhnt, so zählte der Samstag, 23.4.1966 mit der Schulhaus- und Turnhalleneinweihung doch zu einem der schönsten und größten Tage unserer Gemeinde. Um 9 Uhr mit dem Festgottesdienst in der Kirche begonnen, wurde das Programm in der für diesen Tag viel zu kleinen Turnhalle mit allen Vereinen, den Schulkindern, der Bevölkerung und einer beachtlichen Zahl von Gästen fortgesetzt unter ihnen der Kultusminister Dr. Orth als Festredner und Landrat Weiß als späterer Präsident des Rechnungshofes von Rheinland-Pfalz.

In diesem Rahmen kann der Festablauf auch nicht annähernd aufgezeigt werden will man ihn aber kurz und bündig zusammenfassen, dann vielleicht am besten so, daß die Feier ein hochbedeutsames Ereignis und für die Berger gleichzeitig ein großer Freudentag war.

In dem Jahrzehnt 1955 – 1965 standen bei sehr vielen, wenn nicht bei allen Gemeinden neue Schulhäuser auf der Tagesordnung. Es ist wahrscheinlich nicht übertrieben, heute auszusprechen, daß damals eine Gemeinde die andere förmlich jagte, ja der Schulhausneubau nach dem Stil „Blick über den Zaun“ gewissermaßen eine ansteckende Krankheit zu sein schien. Ungeachtet dessen steht aber ganz außer Zweifel, daß das für unsere Kinder in dieser Schule angelegte Geld die beste Anlage ist und den höchsten Ertrag bringt.

Nicht alle Gemeinden waren hinsichtlich der Finanzierung in einer gleich ähnlichen oder glücklichen Situation wie Berg. Und weil unsere Finanzierung wohl einmalig war, sollen nur die vier nachfolgenden Zahlen das Finanzierungsbild zeigen:
Gesamtkostenaufwand einschl. Einrichtung
1.706.000 DM
Zuschüsse von Bund, Land und Kreis
823.000 DM
Eigenmittel der Gemeinde
733.000 DM
Darlehensaufnahme
150.000 DM

Die Grundsteinlegungsurkunde schließt mit den Worten:

Möge diese Schule den Kindern unseres Dorfes nicht nur eine geistige Bildungsanstalt, sondern auch eine Stätte der Liebe, des Fleißes und der Eintracht sein. Möge aber auch dieses Haus allezeit unter dem Schutz unseres Allmächtigen Gottes stehen.

Was weiß ein altes Berger Schultagebuch!

1972, beim Abriß des alten Schulhauses auf dem Kirchberg stieß man auf ein in dessen Grundstein eingelegtes Schultagebuch. Das Fundstück ist zwar nicht weltbewegend, doch lassen seine Eintragungen aus den Jahren zwischen 1830 und 1855 erkennen, daß es auch in jenen gemächlichen Zeiten des 19. Jahrhunderts im südpfälzischen Bereich manche schulische Probleme gab.

„Blatt eins des Schultagebuches beginnt mit einer Empfehlung zur Belebung des (Gesangs- und Musikunterrichts für solche Schüler, die „Drucklesen“ können und deshalb Noten lesen und singen lernen wollen. Baumpflanzungen an Straßen und Feldwegen ist nach dem Wortlaut der durch die Schulinspektion ergangenen Verfügung mehr als nur eine Formsache. Ein allgemeiner Erlaß ordnet an, daß jeden Morgen vor dem Unterricht für seine Mayestät den König von den Kindern in gehöriger Weise ein Gebet zu sprechen ist.

Die Lehrer wurden angehalten, ihres guten Betragens wegen in der Öffentlichkeit zu vermeiden: Die Wirtshäuser, Tanzböden, Kirchweihen und andere Gelagen, auf Jagdgehen, unanständige Kleidungstracht und sonstige Abzeichen an Kappen, Schuldenmacherei, Backen- und Halsbärte. Im gleichen Jahr werden solche Lehrer als Organisten unter die Fuchtel genommen, die die Orgel mehr im weltlichen Sinne als mit religiöser Weihe und Würde spielen. Wörtlich heißt es: „Manche lassen sich bei den Vor- Zwischen- und Nachspielen zu Charlanterien herab und suchen durch nichtssagende Läufe und Triller, oder durch ohren- und herzzerreißendes Rasen auf der Orgel bei jenen, welche keine Kenntnis von und kein Gefühl für Musik haben ein bewunderndes Maulaufsperren hervorzurufen.“ Ein wichtiges und innerhalb kurzer Zeit wiederholt aufgegriffenes Kapitel war der Mißbrauch körperlicher Züchtigung durch Lehrer und Ihre „Gehülfen“. In einem Verbotsinskript heißt es unter gleichzeitiger Androhung der Entlassung aus dem Schuldienst: „Will man die Lebhaftigkeit des Kindes nicht durch zweckmäßige Bethätigung zur geistigen Veredelung desselben benutzen, sondern nach Schlagharts Manier mit dem Stock bekämpfen, so wird das Kind schläfrig und stumpfsinnig und der Lehrer wird dadurch an statt der Entwickler vielmehr der Mörder seiner geistigen Anlagen. Der Züchtigungsmißbrauch wird aber erst einem vor Augen geführt, wenn eine höchste Mimsterialentschließung vom 3. Oktober 1855 in einer Schule den traurogen Fall konstatiert, daß ein Knabe, der morgens gesund zur Schule gegangen war und wegen eines sehr unbedeutenden Vorfalles von einem Lehrer durch heftiges Schütteln an den Haaren und einige Schläge in das Gesicht gezüchtigt worden war, unmittelbar hierauf erkrankte und noch am gleichen Tage starb.

Kein Wunder bei den seinerzeitigen Beleuchtungsverhältnissen war die Sorge um die offensichtlich überhandnehmende Kurzsichtigkeit unter den Schülern. Für unsere Generation kaum vorstellbar war die Schulzeitregelung in den Sommermonaten. Angesichts der überaus zahlreichen Schulversäumnisse der, wie es ausdrücklich heißt, ärmeren Schülern wurde der Unterrichtsbeginn für die oberen Klassen auf 5 Uhr früh verlegt, damit die Kinder in der übrigen Zeit des Vor- und Nachmlttags, sei es zur Bewachung ihrer kleinen Geschwister oder für andere Beschäftigungen, den Eltern zur Verfügung standen. Wenn hier von den ärmeren Schülern die Rede ist, so bestätigt in diesem Zusammenhang die dorfbekannte mündliche Uberlieferung, daß die damalige Mühlenbesitzerin Maria-Josepha Berizzi, deren Grabstein auf dem Berger Friedhof heute noch die Inschrift „Mutter der Armen“ trägt, die armen Schulkinder Tag für Tag in den Pausen speiste und durch ihre praktlsche Nachstenliebe viele vor dem Hungertod gerettet habe.

Um die Sonntagsschüler von den Tanzveranstaltungen abzuziehen, ist man dazu übergegangen, den Schulsport an öffentlichen Tanztagen auf den Sonntag-Nachmittag zu verlegen. In anderen Verfügungen gibt die Schulbehörde entsprechende Ratschläge über die Bekämpfung des Branntweintrinkens, der Wirtshausbesuche und Forstfrevel durch die Schuljugend im gesamten Landkommissariatsbezirk. Personen oder Gemeindenamen erwähnt zu finden ist eine Seltenheit. Dann aber werden plötzlich auf ein und demselben Blatt (1852) gleich zwei Lehrpersonen und drei Schulen genannt: In Hagenbach und Kandel wird je einem Lehrer wegen Trunksucht ein strenger Verweis unter gleichzeitiger Androhung ihrer Dienstenthebung erteilt-und über die Schule von Büchelberg, der heutigen glaubenstreuen Bienwaldoase, wird nicht nur über eine religiöse „Gesunkenheit“ geklagt, sonder auch angekreidet, daß einige Demokraten ihre Kinder abhalten die Biblische zu lesen und den Katechismus zu lernen.

Schließlich geht es nach einem ergangenen Erlaß auf das Konto einer schulischen Erziehungslücke, daß seine Majestät König Maximilian II. von Bayern anlaßlich seiner Pfalzfahrt von vielen jüngeren und älteren Leuten nur stumm und mit bedecktem Haupt angeschaut wurde, ohne auch nur im geringsten Miene zu machen, ihrem Monarchen die schuldige Ehrfurcht durch Abnahme der Kopfbedeckung zu bezeigen.

Mögen diese dem alten Tagebuch entnommenen Fälle in jenem Zeitabschnitt ein Teil der schulischen Sorgen gewesen sein, so hat unser Schulwesen von heute unter anderem ein zerstrittenes Problem von ganz anderer Art. Seit einer Reihe von Jahren sucht unsere Zeit aus einer Summe von Meinungsverschiedenheiten und ersuchen das für Alle richtige Schulmodell. Doch gerade auf diesem Gebiet bräuchte unser Schulwesen endlich einmal Ruhe – ohne indessen zu schlafen.

Dieser Text stammt aus der Ortschronik von Ludwig Stehle (1980)
Bearbeitet von Dr. Hans-Peter Meyer und Joachim Möller (2001)